Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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Die Provinzial-Aufsichtsbehörde hat es soviel wie möglich zu verhüten, daß nur um des 
kramens willen gelernt werde, und dafür zu sorgen, daß bei Beurtheilung der Leistungen eines 
Schülers seine individuelle Befähigung gebührende Berücksichtigung finde. Besonders in diesen Be— 
ziehungen hat das Reglement vom 4. Juni 1834 durch eine Ministerial-Verfügung vom 12. Januar 
1856 Ergänzungen und Modifikationen erfahren. Namentlich ist die Kompenfation schwächerer Lei— 
stungen in der Mathematik durch vorzügliche philologische, und umgekehrt, für zuläsfig erklärt wor— 
den, desgleichen eine Dispensation von der ganzen mündlichen Prüfung in dem Fall, daß die Mit— 
zlieder der Prüfungskommission nach den früheren Leistungen eines Abiturienten und auf Grund 
seiner schriftlichen Examenarbeiten ihn einstimmig für reif erklären. 
Entsprechende Vorschriften enthält die unter dem 6. Oktober 1859 für die Realschulen er— 
lassene Prüfungsordnung. 
Zu 8. 142. Das Maß der an Absolvirung des ganzen Schulkursus oder größerer Theile 
desselben geknüpften Berechtigungen für die Schüler kann im Unterrichtsgesetz nicht fixirt werden, 
weil es sich dabei zunächst und vorzugsweise um Interessen anderer Ressorts handelt, bei denen die 
hetreffenden Anforderungen im Zusammenhange aufgefaßt und prinzipiell begründet werden. Um ein 
rinseitiges Vorgehen zu verhüten, ist das Zusammenwirken der betheiligten Departements-Chefs, 
ind um den betreffenden Bestimmungen eine höhere rechtliche Gewähr zu verleihen, königliche Ver— 
zrdnung verlangt. Die jetzt geltenden Bestimmungen sind in dem Abiturienten-Prüfungsreglement 
für die Gymnasien vom 4. Juni 1834 und für die Realschulen vom 6. Oktober 1859 enthalten. 
Zu 8. 143. Das in Bezug auf die Ernennung und Bestätigung der Direktoren und Lehrer 
jetzt zu Recht bestehende Verfahren ist durch die Allerhöchste Verordnung vom 9. December 1842 
Gesetzsammlung von 1843 S. 1. 2) festgesetzt worden. Die 88. 183 und 184 des Entwurfs bleiben 
m Wesentlichen dabei stehen, indem sie sowohl die Prärogative des Königs und die Rechte der ver— 
schiedenen Patronatsbehörden wahren, wie auch der Unterrichtsverwaltung des Staats die Befugniß 
ichern, bei der Zusammensetzung der Lehrerkollegien die maßgebenden Prinzipien zur Anwendung 
u bringen. 
Das Genehmigungsrecht der Schulaufsichtsbehörden hat selbstverständlich nicht nur die Wahl 
selbst, sondern auch den ganzen Inhalt der Berufungsurkunden zum Gegenstand. 
Die jetzt gültigen Instruktionen für die Gymnasial-Direktoren, welche ihrem wesentlichen 
Inhalt nach auch den Realschul-Direktoren zur Nachachtung dienen, sind in den Jahren 1823 bis 
1839 erlassen und bedürfen der Revision. Eine Instruktion für die Klassen-Ordinarien und eine 
allgemeine Lehrer-Instruktion ist noch nicht erlassen worden. 
Das Institut der Ordinarien, wonach für jede Klasse ein Hauptlehrer bestimmt ist, der in allen 
nneren und äußeren Beziehungen die allgemeine Ordnung in derselben wahrzunehmen hat und somit 
zu seiner Klasse ungefähr in demselben Verhältniß steht, wie der Direktor zur ganzen Anstalt, ist bei 
der Ausdehnung, welche die meisten höheren Schulen erhalten haben, von besonderer Wichtigkeit. 
Zu 8. 144. Die Kategorie der Hülfslehrer ist in dem Paragraphen nicht erwähnt. Faktisch 
bestehen an nicht wenigen Anstalten mehrere Hülfslehrerstellen, entweder in Folge der noch un— 
dollendeten Konstituirung des Lehrerkollegiums, oder aus ökonomischen Rücksichten. Die Inhaber 
solcher Stellen sind demgemäß oft nur provisorisch angestellt und gewöhnlich, entweder wegen unzu— 
reichender Dotation der betreffenden Schulen, oder aus Sparsamkeit, unter den Normalsätzen des 
Etats besoldet. Die Unterrichtsverwaltung kann derartige Verhältnisse nur als Uebelstände ansehen 
and läßt sich seit längerer Zeit ihre Beseitigung angelegen sein. Ihr Absehen ist darauf gerichtet, 
daß alle bisherigen Hülfslehrerstellen, deren Besetzung als ein dauerndes Bedürfniß anzuerkennen 
ist, in ordentliche Lehrerstellen verwandelt und dem enlsprechend besoldet werden. 
Außerdem wird es aber nach wie vor an vielen höheren Schulen nicht umgangen werden 
können, sowohl wissenschaftliche, wie technische und Elementar-Hülfslehrer entweder für Fächer, die 
keine volle Lehrkraft erfordern oder aushülfsweise zur Befriedigung solcher vorübergehenden Bedürf⸗ 
nisse anzunehmen, wie sie z. B. durch das Erforderniß der Vertretung ordentlicher Lehrer, durch 
eine zeitweilig nöthige Theilung überfüllter Klassen u. a. entstehen: außerordentliche Fälle, deren 
mögliches Eintreten bei Aufstellung der Etats vorgesehen wird. 
Die an den verschiedenen Schulen herkömmlichen Bezeichnungen der Lehrerstellen (Prorektor, 
Konrektor, Subrektor, Kollaborator, Kollege u. a.) werden durch die in dem Paragraph angegebene 
Unterscheidung nicht berührt. 
Daß eintretenden Falls den Patronatsbehörden wegen versagter Genehmigung, wie den ein⸗ 
zelnen Lehrern wegen vermeintlicher Ansprüche, ein Rekursrecht an die höheren Instanzen offen 
steht, bedarf keiner besonderen Erwähnung.
	        
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