Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

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Die Orts- und Societäts-Schulbehörden haben hierüber jährlich wenigstens einmal, 
gleich nach Ostern oder gleich nach Michaelis, Nachfrage in den Häusern und Familien 
hres Bezirks, in welchen ein regelmäßiger häuslicher oder Schulunterricht der Kinder nicht 
gotorisch ist oder sich von selbst versteht, anzustellen, und sich zu dem Ende genaue Ver— 
zeichnisse der schulpflichtigen Kinder des Bezirks zu halten, wozu ihnen von den Predigern 
aus den Tauflisten und von den Orts-Polizei-Behörden immer zu Anfang jedes Jahres 
die nöthigen Angaben mitgetheilt werden müssen. 
8. 36. 
Gegen Eltern und Vorgesetzte, welche diese Nachweisung befriedigend geben, findet 
kein Zwang statt. Es wird jedoch, um in dem ländlichen Schulwesen Ordnung zu erhalten, 
als Regel angenommen, daß auf dem Lande jedes Kind in die Schule desjenigen Kirch— 
piels, Dorfs oder Schulvereins geschickt werde, wozu seine Eltern oder häuslichen Vor— 
gesetzten gehören. Wollen diese das Kind in eine andere Schule gehen oder ihm Privat— 
unterricht geben lassen, so müssen sie dieses dem Vorstande jener Schule vorher anzeigen, 
und es kann ihnen, falls nicht wichtige Gründe, die der Kreis-Schulaufseher zu beurtheilen 
hat, entgegenstehen, die Erlaubniß dazu nicht versagt werden, unter der Bedingung, daß 
fie ihre gesetz- und vorschriftsmäßige Verbindlichkeiten gegen die Schule, wohin das Kind 
eigentlich gehört, unausgesetzt pünktlich erfüllen. 
8. 37. 
Eltern und häusliche Vorgesetzte sind ferner verpflichtet, die Kinder bis zu ihrer Ent— 
lassung aus der Schule auch zum regelmäßigen und ununterbrochenen Schulbesuch anzuhalten. 
Am hierüber in Beziehung auf diejenigen, welche des äußern Antriebes dazu am meisten 
bedürfen, wachen zu können, müssen in jeder Elementar- und Stadtschule von den Lehrern 
genaue Listen in vorzuschreibender Form, über den Schulbesuch geführt, und den Schul— 
Vorständen alle vierzehn Tage vorgelegt werden, welche das darauf Nöthige unverzüglich 
zu veranlassen haben. 
8§. 38. 
Damit den Eltern und häuslichen Vorgesetzten die Erfüllung dieser Pflichten erleich— 
tert und den dürftigen die ihnen unentbehrliche Hülfe der Kinder zu ihrem Erwerb nicht 
entzogen werde, sollen 
1. die täglichen Schulstunden und die Vertheilung der Lektionen auf dieselben (8. 15) 
in den Elementar- und untern Stadtschulen so angeordnet werden, daß den Kindern täglich 
einige Stunden zu häuslicher Arbeit frei bleiben. 
Dabei wird den Lehrern die Benutzung der Schulkinder zu ihrer eigenen häuslichen 
Arbeit bei harter Strafe untersagt. Andererseits werden aber auch die früheren Verord— 
aungen gegen einen den Schulbesuch hinderlichen und der Sittlichkeit gefährlichen Gebrauch 
der Kinder zum Hüten des Viehes wiederholentlich eingeschärft, worauf die Provinzial— 
Schul-Ordnungen Rücksicht nehmen müssen. 
2. Für die Schulen in den kleinen Ackerstädten und auf dem Lande sollen in den 
Wochen der dringendsten und häufigsten ökonomischen Arbeiten besondere Einrichtungen in 
Ansehung der Zeit des Unterrichts getroffen werden, damit die über acht Jahr alten und 
zur Thätigkeit dabei geschickten Kinder, ohne gänzlichen Stillstand desselben, bei jenen Hülfe 
leisten, der Unterricht der jüngern aber soll fortgehen. Auch hierüber haben die Provinzial— 
Schul-Ordnungen nach Verschiedenheit der Gegenden das Nährere zu bestimmen. 
3. In Fabrikgegenden, wo die Jugend größtentheils schon früh in den Werkstätten 
heschäftigt wird, sollen Anstalten getroffen werden, daß sie des allgemeinen Elementar— 
Anterrichts dadurch nicht verlustig gehen. Es sind daselbst entweder die öffentlichen Schulen 
mit den Fabriken und Manufakturen in ein solches Verhältniß zu bringen, daß die Arbeit 
Zu welcher Schule 
ein Kind auf dem 
dande in der Regel 
gehöre. 
Pflicht des regel⸗ 
mäßigen Schulbe⸗ 
uchs. 
Erleichterungen 
zum Schulbesuch.
	        
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