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Es sollen hier aus dem Entwurf mehrere Bestimmungen besonders hervorgehoben wer—
den, bei denen leicht ersichtlich sein wird, daß sie auch für eine in der Gegenwart zu bewir—
kende neue Unterrichtsgesetzgebung besonderer Erwägung und Entscheidung bedürfen:
Diejenigen Schulen und Erziehungs-Anstalten werden als öffentliche und allgemeine
anerkannt, welche die allgemeine Bildung des Menschen an sich und nicht seine unmittelbare
Vorbereitung zu besonderen Berufsarten bezwecken, aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden,
unter öffentlicher Aufsicht und jedem nach bestimmten Bedingungen zur Benutzung offen stehen.
Sie bilden die Grundlage der gesammten National-Erziehung und führen die alige—
meine Jugendbildung vom Anfang des Schulunterrichts bis zu der Grenze, wo die Univer—
sität sie aufnimmt, durch drei wesentliche Stufen.
Die erste dieser drei Stufen — die allgemeine Elementarschule — soll dem
Bildungsbedürfniß der untern Volksklasse in den Städten und auf dem Lande genügen. Die
zweite — die allgemeine Stadtschule — führt die Bildung des Knabenalters bis zu der
Grenze fort, wo die Entscheidung entweder zu weiterer wissenschaftlicher Ausbildung oder zu
besonderer Vorbereitung für ein bürgerliches Gewerbe zu geschehen pflegt.
Die dritte Stufe umfaßt die Gymnasien. Bei aller Mannigfaltigkeit, welche unter
den Schulen derselben Stufe durch besondere Verhältnisse entstehen kann, müssen sie doch in
Allem, was das Bildungsgeschäft betrifft, untereinander übereinstimmen.
Die Verschiedenheit der Völkerstämme erfordert nicht eine Verschiedenheit der allgemeinen
Verfassung der Schule. Dagegen begründet der Konfessionsunterschied der christlichen Schulen
die wesentlichste innere Verschiedenheit der Schulen in dem, was den Religions-Unterricht
ind die religiöse Erbauung betrifft. Diese richten sich in jeder Schule evangelischer und
atholischer Confession nach der Lehre und dem Geiste derjenigen Kirche, der die Genossen⸗
schaft, für welche die Schule bestimmt ist, angehört. Das den verschiedenen Confessionen
Hemeinsame erlaubt die Theilnahme auch solcher Kinder am Unterricht, welche einer andern
Tonfession angehören.
Jüdische Schulen dürfen christliche Kinder nicht aufnehmen.
Die öffentliche allgemeine Schule hat auf jeder ihrer Stufen zunächst nur danach zu
treben, daß sie die allgemeine Bildung ihrer Schüler innerhalb der ihr gezogenen Grenze
recht gründlich fördere. Sie has den ganzen Menschen zu umfassen, durch Unterricht und
Disciplin Wissen und Können zu vermitteln und zu sittlicher Thätigkeit, am tiefsten zur Reli—
ziosität zu bilden. Ihre höchste Aufgabe ist, zu helfen, daß die Jugend für ihre ewige Be—
timmung und zu einem dieser Bestimmung gemäßen Leben im Geifte des Christenthums er—
zogen werde.
Die Disciplin hat der Jugend eine sittlich-religiösse Denkungs- und Handlungsweise
einzuprägen und an alle den Menschen und Christen zierenden Tugenden zu gewöhnen. Zur
Sittlichkeit des Charakters gehört treue Anhänglichkeit an König und Staat, rücksichtsloser
Gehorsam gegen Gesetze und gesetzliche Ordnung. Der Unterricht soll sich beziehen auf die
Bildung des Denk- und Erkenntnißvermögens wie des Gemüths, der Sinne und der Kräfte
des Körpers.
Der Kreis des Unterrichts der allgemeinen Elementarschule umfaßt:
1. Religionslehre; in allen christlichen Schulen streng nach den positiven Wahrheiten
des Christenthums.
Deutsche Sprache — Bildung des Sprach- und Denkvermögens, allgemeinste
Regeln der Sprache, richtiger mündlicher und schriftlicher Ausdruck, richtiges,
derständiges und deutliches Lesen und Rechtschreiben.