Full text: Die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Unterrichtswesens in Preußen

J31 
Die Schulandachten in Simultanschulen seien, da Gebete in allgemeiner Fassung die 
Billigung insbesondere der katholischen Kirchenbehörden nicht finden würden, gesondert zu 
halten und wo dies nicht angängig, dem Hause zu überlassen. 
Unter den Lehrgegenständen sei die biblische Geschichte ausdrücklich zu erwähnen; na— 
mentlich eigneten sich die alttestamentlichen Geschichten für die Jugend. 
Unterricht im Latein in den Stadtschulen soll facultativ sein, wo ein Gymnasium am 
Ort, und in Fabrikgegenden überhaupt wegfallen; an Stelle des Latein sei im letzteren 
Fall eine neuere Sprache zu lehren. 
Anleitung zum Gewerbbetrieb könne nicht stattfinden. Dazu habe die Schule keine 
Zeit und der Lehrer meist nicht die nöthige Geschicklichkeit. 
Leibesübungen seien auf dem Lande überflüssig und für das Ansehn des Lehrers be— 
denklich; die Theilnahme daran müsse dem Ermessen der Eltern überlassen bleiben. 
Logik, Psychologie und Literärgeschichte können auf den Gymnasien nicht entbehrt 
werden. Griechisch dürfe nicht obligatorisch sein. 
Die Forderung, daß sich der Geistliche von denjenigen Kindern, die sie zum Confirmanden⸗ 
Unterricht annehmen wollten, ein Schulzeugniß vorlegen lassen müßte, sei unstatthaft, da die 
Kirche nicht verpflichtet werden könne, Maßregeln, welche zur Beförderung des Schulbesuchs 
angeordnet sind, zu unterstützen, resp. Kinder von den Wohlthaten der Religion auszu— 
schließen. Andererseits wird beantragt, die Kinder vor der Confirmation nicht aus der Schule 
zu entlassen. 
— 3— sollen zwar nicht allgemein, aber für die einzelnen Provinzen vorgeschrieben 
werden. 
Biblische Historienbücher seien überall einzuführen. 
Den Bischöfen einen Einfluß bei der Wahl der Schulbücher für die einzelnen Lehrfächer, 
abgesehen von der Religion, zu gestatten, inwiefern auch bei jenen ein Confessions-Interesse 
obwalten könnte, sei bedenklich. In Beziehung auf die religiösen Lehrbücher müsse den evan— 
gelischen Consistorien ganz dieselbe Berechtigung wie den Bischöfen eingeräumt werden. 
Die Befugnisse, welche den Directoren höherer Lehranstalten beigelegt würden, gingen 
zu weit. Ein Theil davon gebühre den Lehrer-Collegien. 
Es soll bei Simultanschulen die Mehrzahl der Confessionsverwandten bestimmen, 
welcher Confession der Lehrer angehören soll. 
Ein Lehrer soll nicht mehr als 80, nach andern nicht über 60 Schüler unterrichten. 
Finem Gutachten zufolge genügt ein sechsjähriger Schulunterricht. Die Entlassung soll mit 
dem vollendeten zwölften Jahre erfolgen und falle dann bei den katholischen Kindern mit 
der ersten Communion zusammen. 
Die entlassenen Kinder sollen verpflichtet sein, bis zum vollendeten 18. Jahre die 
kirchlichen Catechisationen zu besuchen. 
Daß während des Sommers der Schulunterricht auf dem Lande für die Kinder über 
acht Jahr ausgesetzt und nur ein Wiederholungsunterricht am Sonnabend eingerichtet werde, 
wird zwar von einer Seite befürwortet, die meisten Commissionen erklären sich aber dagegen. 
Einerseits wird behauptet, daß durch den Wegfall der bisherigen Dominialbeiträge 
die Existenz vieler Schulen auf dem Lande in Frage gestellt werden wuüͤrde; andrerseits wird 
bei Heranziehung des Grundbesitzes nach Maßgabe der Größe zu Schulbeiträgen eine un— 
erträgliche Belastung desselben befürchtet. Es sei ungerecht, die größte Last der Schulunter— 
haltung auf die Dominialbesitzer zu legen, welche in der Regel für ihre Kinder von der Orts— 
schule keinen Gebrauch machten. Dadurch, daß die Auflage auf den Grundbesitz die Natur 
der Grundsteuer habe, bemächtige man sich eines Theils des Ertrages der Grundstücke, 
mithin eines Theils des Capitalwerths der letztern. Die Reducirung der Schulbeiträge auf 
Grundvermögen schädige auch das Recht der Realgläubiger. Der Verlust treffe den actuellen 
Besitzer, der künftige zieht den Betrag desselben seinem Verkäufer bei Entrichtung des Kauf— 
vpreises ab. Auch treffe diese Auflage den verschuldeten Besitzer ganz gleich wie den unver— 
12 *
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.