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Plenarverhandlungen
deutsche Thonwaarenindustrie zu einer Pflanzstätte kunstgewerb⸗
licher Bildung heranzuwachsen befähigt. Wenn dieser Gesichts⸗
punkt ins Auge gehalten wird, dann reichen ja allerdings die
Mittel, wie sie jetzt in Aussicht genommen sind, nicht aus.
Ich will auch durchaus nicht darauf drängen, daß jetzt schon
groͤßere Mittel bereit gestellt werden. Aber ich meine, die Re—
Fierung sollte von ihrer anfänglichen Idee hinfichtlich die⸗
ser Schule nicht dauernd abgehen, sie sollte, wenn auch nicht
gleich die Schule zu einer Staatsanstalt machen, doch dann,
venn dieselbe über die Grenzen des Nassauischen Kannenbäcker—
landes oder über den Regierungsbezirk Wiesbaden hinaus sich
lebensfähig und förderlich erweist und eine irgend bemerkliche
Frequenz auch aus den übrigen preußischen und deutschen Lan⸗
den erhaͤlt, den Gedanken der Staatsschule, von dem sie aus—
gegangen, wieder aufgreifen und verwirklichen.
Ich darf mir wohl erlauben, in dieser Hinsicht
uuf den Vorgang Oesterreichs zu verweisen. Ueber die öster—
reichischen technischen Anstalten finden Sie in der Denkschrift
üͤber das technische Unterrichtswesen auf Seite 22 bis 24 ganz
eingehende Mittheilungen. Die Herren Kommissarien des
Herru Handelsministers haben auch die drei österreichischen
keramischen Fachschulen in Karlsbad, Teplitz und Znaim be⸗
ucht. Ich glaube, es war der Herr Geheime Rath Lüders,
der auch dort gewesen ist, eben so wie er die Nassauische
Thonindustrie im Jahre 1877 persönlich in Augenschein ge⸗
nommen hat. Es ist mir — ich weiß nicht, ob das richtig
ist — aber glaubwürdig mitgetheilt worden, — das statistische
Material auf unserer Bibliothek reicht nicht so weit herab,
—
Modellirschule für Thonindustrie in Znaim, die nach Aus—
weis des oͤsterreichischen statistischen Jahrbuchs für das, Jahr
1874, Heft V, Seite 72 damals noch eine subventionirte
Privatschule war, aber schon zu jener Zeit 106 Schüler zählte,
inzwischen auf den österreichischen Staat übergegangen und,
wenn mir die Summe zutreffend angegeben ist, mit 100,000
Gulden österreichisch zu einer Staatsanstalt eingerichtet worden
sei. Die Vortheile solcher Einrichtung finden Sie auf
Seite 23 des Berichtes eingehend und, so viel ich verstehe,
inerkennend gewürdigt. Ich glaube, daß auch die Schule für
Höhr-Grenzhausen, die im Augenblick nur auf 24 Schüler
berechnet ist, nur als Staatsschule zu der Ausdehnung
und Stellung kommen kann, in der sie der Hebung und Ver—
bollkommnung der örtlichen, wie dem Gesammtinteresse der
oaterlaͤndischen Thonindustrie diejenigen Dienste zu leisten ver—
mag, die man von einer derartigen Schule erwarten kann und