Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

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Plenarverhandlungen 
nicht gefunden haben; aber wir bestreben uns, dieses Gleich— 
Jewicht aufzusuchen. 
Meine Herten, es ist eine sehr bedenkliche Erscheinung 
unserer Zeit, daß wir nicht nur auf dem Gebiet des Unter— 
richts, sondern auf verschiedenen Gebieten des Staatslebens 
ein Prinzip einreißen sehen, welches von dem ochlokratischen 
Wesen Amerikas nach Europa sich überträgt; allein die Zweck— 
maßigkeit, allein die Antriebe der materiellen Interessen walten 
zu lassen und alles Ideale als Doktrinarismus und als der 
Beachtung nicht werth zu verleugnen. Dieses System macht 
sich bei uns in der Politik geltend, welche in diesem Augen— 
zlicke alle leidenschaftlichen Gefühle der Privatinteressen ent— 
fesselt gegen das zusammenfassende Gefühl einer Einheit, in 
der wir leben, oder zu welcher wir uns als zu einem Ideal 
erheben sollten. Ganz dasselbe ist auch die Verleugnung der— 
jenigen idealen Traditionen, welche uns bisher in Deutschland 
zu einer gewissen Einheit und Methode unseres Bildungsplanes 
zusammengehalten haben, indem von allen Seiten gefordert 
wird: geben wir die gemeinsame höhere Rücksicht auf, errichten 
wir Schulen für dieses, Schulen für jenes Fach, und so viele 
Berufe im Leben etwa ergriffen werden sollen, so viele Schul— 
gattungen wünscht man einzurichten. Von solchem Schlage 
dar es, als neulich der landwirthschaftliche Minister dafür 
auftrat, die landwirthschaftlichen Schulen müßten seinem Ressort 
zugewiesen bleiben, als ob ein gebildeter Landwirth eine andere 
Art allgemeiner Bildung brauchte, als ein gebildeter Bürger 
eines anderen gewerblichen Berufes. Wollen wir wirklich bei 
den schweren Kosten und Opfern, die wir von Staats und 
Hemeinde wegen bringen, systematisch unsere Bürger in ganz 
oerschiedene Bildungssysteme hineindrängen? 
Ich meine, das Sireben nach einheitlicher Bildung ist fest— 
zuhalten. Ich gestehe gern zu, daß wir mit denjenigen 
Plänen, — ich glaube hier mit dem Herrn Abgeordneten 
Hofmann, eine Autorität für mich, noch nicht auseinander zu 
Jehen, — daß wir mit den Plaͤnen, welche für die einheit— 
äche höchste nationale Bildung maßgebend sein sollen, des— 
wegen noch nicht abschließen dürfen, weil wir den richtigen 
Plan, oder etwa 2 oder 3 entscheidende Pläne noch nicht ge— 
sunden haben; soweit gehe ich vollständig mit dem Herrn Ab— 
Jeordneten Hofmann zusammen. Dieser Gedanke aber darf 
zicht erweitert werden zu einer solchen Zersplitterung, daß wir 
die Schulen allgemeiner Bildung so nach den zukünftigen 
Lebensberufen zersplitterten, wie für reine Fachschulen ange— 
messen sein mag; daß wir schließlich dazu kämen, wie für den 
Hufbeschlag eine besondere Schule errichtet wird, so auch für
	        
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