Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

240 Plenarverhandlungen 
Bymnasium gelernt hat, und wenn ich es auch nicht von mir 
selbst sagen kann oder sagen darf, so weiß ich es doch, daß es 
biele Herren von sich sagen, kann ich nicht gelten lassen. Es 
ist ja auch nicht gesagt, daß man Alles braucht, was man 
gelernt hat. Die Sprache ist für den klassisch Gebildeten nur 
ds Miltel, wodurch die Schüler unter Leitung eines Lehrers, 
der im Alterthum steht, während 10 Jahre täglich 2, 3, 4 Stun⸗ 
den hineingeführt werden in das klassische Leben. Das ist 
doch etwas Anderes, als in der Realschule sitzen. Meine Herren, 
das ist es, was die Architekten fordern, indem sie vielleicht nur 
mit einer gewissen Bescheidenheit und in Rückstcht auf Kollegen 
die Realschule mit Latein hineinziehen. — Ich wollte, sie 
hätten rund herausgesagt, wir wollen humanistische klassische 
Hildung, denn das ist die Bildung, die allein die hoͤchste Stufe 
der Bildung erreicht. Nun hat man gesagt, es sei eine furcht⸗ 
bare Härte, zu sagen, Andere seien nicht Theilnehmer an der 
allgemeinen Bildung, seien nicht gebildet. Meine Herren, 
Bildung und Bildung ist ein sehr unbestimmter Begriff mit 
rußerordentlich vielen Graden, es kann nicht die Rede davon 
sein, daß ein klassisch Gebildeter einem Anderen die Bildung 
übspricht. Das ist auch den Petenten ohne Zweifel nicht ein— 
gefallen. Die Sprache ist eben nur das Mittel, und auch für 
sie nur das Mittel, um das Ziel zu erreichen. Nun sagt man, 
ja, wenn das auch der Fall ist, aber auf unseren Gymnasien 
wird jetzt viel zu viel auf Grammatik und Sprache gehalten. 
Das 'ist richtig, meine Herren, seitdem durch Wilhelm 
—V Grimm die Sprach— 
kenntnuiß und Sprachforschung so vermehrt und verbreitet ist, 
ind die Linguistik und die Grammatik, so außerordentliche 
Fortschritte gemacht, haben sich diese in die Gymnasien hinein⸗ 
Jedraͤngt und auf diese Weise die Realkenntnisse des Alter— 
hums zurückgeschoben und nun durch das Uebertreiben in 
diesen Dingen den Schülern einen Degout beigebracht, so daß 
nan oft genug hört, wenn sie aus dem Gymnasien kommen, 
wir mögen nichts mehr mit diesen Sprachen zu thun 
haben. 
Ich bedauere sehr, daß einer der Herren Kommissarien 
die Giammatik als charakteristisch für die Gymnasien hervor— 
gehoben hat und umgekehrt die Mathematik als Charakteristikum 
der Realschulen, was eigentlich gar nicht der Fall ist. Ein 
inderes Mal heißt es: Lateinisch und Griechisch genügt nicht, 
um klassische Bildung beizubringen. Nein gewiß nicht; warum 
hat man aber diese Sprachen auf den Gymnasien so über— 
vuchern lassen, daß man darunter klassische Bildung versteht? 
Auch meine ich nicht, daß unter der idealen Bildung, die man
	        
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