Full text: Das technische Unterrichtswesen in Preußen

70 
Kommissionsberichte 
könne ein einziger Mann ganze wichtige Zweige des Unterrichts 
lahm legen. Der Streit zwischen Gymnasium und Realschule 
hleibe immer auf der Tagesordnung und komme nicht vorwärts, 
nur weil es an einer Instanz fehle, die diese Dinge ex pro- 
kesso pflege. Kommissionen ad hoc genügten nicht. Bei ihrer 
Zusammensetzung spiele der Zufall zu sehr mit; sie könnten 
gut und schlecht ausfallen. Eine ständige Institution, für 
welche in anderen Ländern Vorbilder bestünden (Unterrichtsrath), 
thue noth. Bei den Universitäten empfinde man ihren Mangel 
sehr stark. Auch beim Volksschulwesen reiche die jetzt für die 
Bearbeitung der Frage vorhandene Form gar nicht aus, und 
es könnte nur fördernd wirken, wenn auch das in Aussicht ge— 
nommene Unterrichtsgesetz durch eine ständige Instanz vorbe— 
rathen werde. Bei aller Anerkennung, die man für den gegen— 
wärtigen Kultusminister habe, könne das ganze Unterrichts— 
wesen nicht ausschließlich von dieser einen Person abhängen; 
er könne es gar nicht leisten. Ihm selbst werde es angenehm 
sein, durch die Schaffung eines Unterrichtsraths von der unge— 
— 
Unterrichtswesens auf dem Wege der Etatsberathung vorzu— 
nehmen, sei nicht glücklich und könne eine Wirkung herbei— 
führen, die man weder berechnet noch beabsichtigt. 
Von Seiten des Vertreters des Unterrichtsministeriums 
wurde der Erweiterung des Miquél'schen Antrages kein Beifall zu 
Theil. Der Einsetzung einer ständigen Kommission für die 
Berathung des technischen Unterrichtswesens werde man zu— 
stimmen können; da liege ein beschränktes Feld vor, wo die 
Bedürfnißfrage nicht zweifelhaft. Wenn man dagegen den 
Minister zwingen wolle, in allen Fragen des Unterrichtswesens 
eine Kommission zuzuziehen, so würde dieselbe durch Schwer— 
fälligkeit und Weitläufigkeit sich hindernd geltend machen. Außer— 
dem seien die technischen Fragen des niedern, des höhern Schul— 
wesens und der Universitäten so verschieden und mannigfach, daß 
unmöglich ein einziges Collegium sie alle zu begutachten geeignet 
sein würde. Der jetzige Herr Kultusminister mache es sich zur 
Regel, stets den Beirath von tüchtigen Männern aller Art zu hören, 
ehe er zu Organisationsmaßregeln schreite. Der der Unterrichts— 
oerwaltung gemachte Vorwurf, daß die einzelnen Dezernenten 
zu viel Macht besäßen, treffe nicht zu. Der Einfluß dieser 
Beamten sei sehr beschränkt durch die Codezernate und die 
theilweise kollegialische Vorberathung von wichtigen Dingen. 
Mit den gegenwärtigen Mitteln reiche der Minister zur Er— 
füllung seiner Aufgabe vollständig aus, der vorgeschlagene 
Unterrichtsrath werde ihm keine Hülfe bieten, im Gegentheil 
werde er das freie Schaffen hindern.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.