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Kommissionsberichte
Bildung besäßen, warf der Referent einen Blick auf die viel—
jährigen Kämpfe für und wider die Nothwendigkeit der
clässischen Vorbildung für den höheren Staatsdienst und, ins⸗
besondere auf die Frage, ob dasjenige Maß des lateinischen
Unterrichtes, welches in der Realschule erster Ordnung geboten
werde, mit Recht den Namen klassischer Bildung erhalten
önne. Aus den Reihen gerade der berufensten Kenner der
klassischen Sprachen und des Alterthums seien die Verfechter
derjenigen Ansicht hervorgegangen, welche in der vorliegenden
Verfügung des Handelsministeriums zum Durchbruch gelangt
sei. Schon 1826 habe August Böckh sich folgendermaßen
ausgesprochen:
Als der frühere Gebrauch und Nutzen der alten
Sprachen weggefallen war, konnten diejenigen, welche,
oon ihren hohen Vorzügen durchdrungen, sie in den
Schulen festhalten wollten, keine andere Begründung
dafür finden, als daß die Literaturen der Griechen
und Romer und besonders ihre Sprachen wegen der
sogenannten formalen Bildung betrieben werden
muͤssen. Ich bin weit entfernt, dem beizustimmen;
ich sehe nicht, daß die Männer, welche die griechische
und lateinische Grammatik in vorzüglichem Maße
nnehaben, den übrigen Sterblichen an Bildung des
Beistes weit überlegen seien; ich bin überzeugt, daß,
obgleich die alten Sprachen einen geeigneten Stoff
ür Geistesbildung liefern, sie aus den Schulen ver—
hannt werden und unsere Knaben und Jünglinge
aach dem Beispiel der Alten selbst in andern Dingen,
die uns näher liegen, unterrichtet werden müßten,
wenn kein triftigerer Grund für ihre Wahl ange—
ührt werden könnte.
Aehnlich lauteten die bekannten Aussprüche des von den
Petenten für ihre Ansicht erwähnten Bonitz, der bei Gelegen—
—
einischen auch hinsichtlich der dadurch bewirkten Bildung des
ogischen Denkens zwar nicht verkannt wissen wollte, die
Meinung aber, daß das Latein das beste Mittel sei, um kon—
sequentes Denken zu lehren, als von gründlichen Denkern be—
reits genügend widerlegt bezeichnete. „Wo man von kiner
Wirkung des Latein spreche, sei es unmöglich, alles das hin—
zuzuziehen, was außer dem Latein bei dem Erfolge mitgewirkt
habe. Das gemeinsame Band der höher Gebildeten sei in
dem Verständniß und dem Interesse an der Nationalliteratur
und der vaterländischen Geschichte zu suchen.“ Allgemein bekannt
sei es, daß Bonitz die Ansichten der Preußischen Unterrichtsver—