Die Entwicklung der Militär-Luftschiffahrt. 147
Dieser Versuch, der nur Schaden angerichtet hatte, wurde nicht
wiederholt, aber die Verwendung eines Fesselballons wurde ins Auge
gefaßt und Guyton de Morveau wurde beauftragt, das Weitere zu
veranlassen.
Es wurde jedoch die Bedingung gestellt, zur Füllung des Ballons
kein mit Hilfe der Schwefelsäure hergestelltes Gas zu benutzen, weil
diese Säure damals sehr rar war und Schwefel unbedingt zur Her-
stellung des Pulvers nötiger gebraucht wurde.
Guyton de Morveau geriet nicht in Verlegenheit, sondern setzte
sich sofort mit dem Chemiker Lavoisier in Verbindung, der vor
kurzem ein anderes Verfahren zur Gewinnung von Wasserstoffgas
erfunden hatte. Auf die Bitten des ersteren stellte der Wohlfahrts-
ausschuß noch den Physiker Coutelle zur Verfügung, und alle
drei arbeiteten ein Projekt aus zum Bau eines Ofens, in welchem
durch Überleiten von Wasserdampf über rotglühendes Eisen das
erforderliche Gas gewonnen werden sollte.
In wenigen Tagen war dieser fertiggestellt, und Coutelle füllte
in den Gärten der Tuilerien mit Charles und Cont€&e einen Ballon
von 9 m Durchmesser unter Aufsicht der Kommission. Diese war
mit dem Ausfall der Versuche so zufrieden, daß Coutelle den Auf-
trag erhielt, in das Hauptquartier des Generals Jourdan, des Ober-
kommandierenden der Sambre- und Maasarme, nach Belgien zu
reisen und ihm den Vorschlag zu unterbreiten, einen Fesselballon
bei seiner Armee in den Dienst zu stellen.
Zufällig traf es sich, daß der Luftschiffer von einem Kommissär
der Nationalversammlung empfangen wurde, den der absurde Ge-
danke eines Militärballons so wild machte, daß er Coutelle zu füsi-
lieren drohte.
Der General war aber vernünftiger und beauftragte Coutelle,
wieder nach Paris zu reisen und nach Beschaffung des erforder-
lichen Materials zurückzukehren.
Im Schloß zu Meudon, in welchem eine Artillerieabteilung
untergebracht war, wurde die erste sachgemäß eingerichtete Ballon-
werkstatt aufgeschlagen.
Mit großem technischen Geschick und vielem Verständnis für
die Anforderungen, welche an einen Feldballon zu stellen sind,
wurden Material und Gasofen hergestellt. Um den Bedarf an Gas
möglichst herabzudrücken, wurde die Größe der Hülle nach der
Tragfähigkeit für nur zwei Beobachter berechnet. Es wurde sehr
leichter Stoff verwendet, dessen Dichtung man durch eine besondere
10%