Die Entwicklung der Militär-Luftschiffahrt. 153
Coutelle marschierte mit hochgelassenem Ballon mit der Armee gegen
Lüttich, mußte aber auf den Höhen von Namur nach Maubeuge
zurückkehren, weil durch einen plötzlichen Windstoß das Fahrzeug
gegen einen Baum geschleudert und zerrissen war. Die Reparatur
erwies sich auch hier mit dem vorhandenen Material als unmöglich,
und Coutelle reiste sofort nach Meudon, wo er einen neuen länglichen
Ballon, den »Celeste«, anfertigen ließ. Nach Rückkehr des Kapitäns
wurde der zylinderförmige Aerostat in Lüttich probiert, erwies sich
aber auch bei geringem Wind so unstabil, daß eine Beobachtung
infolge der heftigen Bewegungen unmöglich war und der inzwischen
repariıerte »Entreprenant« wieder in Dienst gestellt werden mußte.
Mit diesem so bewährten Fahrzeug setzte man auf einem Schiffe über
die Maas und rückte nach Brüssel. Vor den Toren dieser Stadt
ereilte es zum zweiten Male das Geschick, ein Windstoß warf den
Ballon gegen einen Pfahl und zerriß ihn. Da die in Brüssel vor-
genommene Reparatur sich als ungenügend erwies, mußte die Hülle
wiederum nach Meudon gesandt werden, und infolgedessen lag die
Kompagnie monatelang ohne Luftschiff bei Aachen im Quartier.
Der tätige Kapitän suchte allerdings die Zeit nach Möglichkeit
auszunutzen durch Einrichtung eines Depots und Verbesserungen
an Material. Unter anderem konstruierte er ein Schutzzelt, welches
den verankerten Ballon vom Äquator an bis zur Erde ringsherum
umgab und ihn vor heftigen Winden schützen sollte.
März 1795 wurde Coutelle nach Paris zurückberufen, um die
durch Verfügung der Konvention vom 23. Juni 1794 angeordnete
Neuformation einer zweiten Luftschifferkompagnie durch-
zuführen. Außerdem war nach Eingang der Berichte über die er-
folgreiche Tätigkeit des Ballons bei der Sambre- und Maasarmee die
Gründung einer »Ecole nationale agrostatique« beschlossen worden,
zu deren Direktor der Mitarbeiter Coutelles, Conte, ernannt wurde.
In dieser Schule sollten nicht nur aus der Armee abkomman-
dierte Offiziere und Mannschaften für den Luftschifferdienst aus-
gebildet, sondern auch alle einschlägigen Fragen eingehender Prü-
fung unterworfen werden.
Mit großem Eifer suchte der neue Direktor seinen Aufgaben
gerecht zu werden, und es entstand bald eine sehr leistungsfähige
Ballonfabrik. Binnen kurzer Zeit wurden sechs Aerostaten erbaut,
von denen je zwei für die beiden Kompagnien und einer für die
italienische Armee bestimmt war, ein Ballon stieg zur Einübung der
Mannschaften und Offiziere fast täglich in Meudon auf.