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Zweites Kapitel.
sofort klar, daß der Aufstieg der Montgolfiere nur durch die Leich-
tigkeit der erwärmten Luft möglich gewesen sein konnte. Er be-
schloß deshalb, das neue Gas zur Füllung zu verwenden. Infolge
der großen Tragfähigkeit desselben konnte er sich auf die Konstruk-
tion einer kleinen Hülle beschränken.
Es war ihm ferner bekannt, daß Wasserstoffgas weit lebhafter
aus etwaigen Poren ausströmt als die schwere Luft, und daß es aus
diesem Grunde erforderlich sei, den zur Verwendung kommenden
Seidentaft besonders dicht zu machen. Hierbei kamen ihm die
Brüder Robert zur Hilfe, denen es gelungen war, den Kautschuk
zu lösen und dadurch ein ausgezeichnetes Dichtungsmittel zu ge-
winnen, mit welchem der Stoff bestrichen wurde.
Es ist bemerkenswert, daß noch heute die meisten Ballons in
Deutschland mit Gummi behandelt werden, weil man noch nichts
Besseres zu finden vermochte.
Das Gas bereitete er sich selbst aus Schwefelsäure und Eisen-
feilspänen. Es stellten sich dabei so große Schwierigkeiten heraus,
daß der Ballon von nur 4 m Durchmesser erst am vierten Tage
fertig gefüllt war; 500 kg Eisen und 250 kg Schwefelsäure waren
dabei verbraucht.
Am 29. August 1783 kündeten endlich Kanonenschüsse den
Parisern an, daß das erste Luftschiff vor ihren Toren aufsteigen
würde. "Trotz des strömenden Regens sollen 300000 Zuschauer sich
auf dem Champ de Mars eingefunden haben, und zum Beweise
des herrschenden Enthusiasmus erzählt die Chronik, daß selbst die
elegantesten Damen unbesorgt um das Verderben ihrer kostbaren
Toiletten im Freien bis zur Abfahrt des Ballons ausgehalten hätten.
Der Aerostat, welcher nur ein Gewicht von 9 kg besaß, stieg
schnell in die Lüfte und verschwand in den Wolken. Nach kurzer
Zeit wurde er in großer Höhe wieder gesehen und man bemerkte,
daß er geplatzt war, angeblich, weil man ihn »zu stark mit Gas ge-
füllt« hatte.
Bemerkenswert ist die Behandlung, welche seine aus der Luft
herabfallende Hülle von den Bauern eines Dorfes in der Nähe von
Paris erfuhr. Diese sahen den Ballon aus den Wolken herabkommen
und hielten ihn für ein Werk des Teufels, welches zu zerstören ihre
heiligste. Pflicht sei. Mit Heu- und anderen Gabeln und allen mög-
lichen landwirtschaftlichen Geräten, deren sie habhaft werden konnten,
beraubten sie das Satansgebilde seines Lebens, banden die Reste
an den Schweif eines Pferdes und schleiften dieselben stundenlang