Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Die Erfindung des Luftballons. 
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über dem Erdboden, bis auch kaum noch ein Fetzen davon übrig 
war. Die Regierung fühlte sich auf Grund dieses veranlaßt, durch 
eine Proklamation die Bewohner des platten Landes mit dem Wesen 
der neuen Erfindung bekanntzumachen und sie zu ersuchen, in 
der Zukunft solche Fahrzeuge nicht zu zerstören. 
Inzwischen war Montgolfier in Paris angekommen. Unter 
den Auspizien der Akademie der Wissenschaften baute er einen neuen 
Ballon aus Leinwand von eigenartiger Form. Auf einem Zylinder 
von 8 m Höhe und 13 m Durchmesser saß oben ein Kegel von 9, 
unten ein Konus von 6 m Höhe. Innen und außen war die Hülle 
mit Papier beklebt. Reiche Goldverzierungen auf blauem Grunde 
gaben dem Ballon ein sehr glänzendes Aussehen. 
Dieses mit großer Mühe hergestellte Prachtwerk sollte jedoch 
nicht zum Aufstieg kommen. Ein heftiger Regen löste den Leim, 
das Papier fiel von der Hülle, die Nähte der Leinwand gingen auf, 
und ein starker Wind zerstörte nach 24 Stunden den Ballon voll- 
ständig. 
Montgolfier baute sofort einen neuen kugelförmigen Ballon von 
1480 cbm Inhalt aus wasserdichter Leinwand, und dieser stieg am 
19. September in dem großen Hofe des Schlosses zu Versailles in 
Gegenwart des Königlichen Hofes in die Luft. In der Gondel aus 
Weidenkorb befanden sich die ersten Luftschiffer : ein Hammel, ein 
Hahn und eine Ente. 
Nach acht Minuten erfolgte einige Kilometer von Versailles 
entfernt die Landung, welche durch einen wahrscheinlich bei der 
Füllung entstandenen Riß im obersten Teile der Hülle beschleunigt 
worden war. 
Ente und Hammel waren genau so lebhaft wie vor der Fahrt, 
aber der Hahn hatte sich eine Verletzung zugezogen, die den Anlaß 
zu gelehrten Untersuchungen gab, weil man glaubte, dieselbe sei 
dem schädlichen Einflusse der Atmosphäre in der Höhe zuzuschreiben, 
während in Wirklichkeit die Ursache in einem Tritt des Hammels 
zu suchen war. 
Die Gebrüder Montgolfier wurden gefeierte Leute. Der König 
verlieh Stephan den Orden vom hl. Michael, Joseph setzte man 
eine lebenslängliche Rente von jährlich 1000 Frs. aus und der Vater 
Montgolfier wurde durch Verleihung des Adelsbriefes mit der Devise 
»Sic itur ad astra« geehrt. Die Akademie der Wissenschaften kargte 
ebenfalls nicht mit ihrer Anerkennung und ernannte beide Brüder 
zu korrespondierenden Mitgliedern und erkannte ihnen außerdem
	        
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