Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

338 
Zwanzigstes Kapitel. 
In der Nähe von großen Städten sind die Verhältnisse abnorm 
schlechte. So z. B. lagert über Berlin an fast allen Tagen des 
Jahres ein dichter Dunst, über welchem man im Ballon schon in 
ca. 200—300 m Höhe zu schweben pflegt. Diesen Dunst — die Luft- 
schiffer haben dafür einen weniger parlamentarischen Ausdruck — 
kann man noch auf viele Kilometer über Land in der Windrichtung 
verfolgen, oft geht er weit über 100 km fort, ehe er sich »ge- 
setzt« hat. 
Ein Beispiel, in welcher Weise die Lichtstrahlen eine Erschei- 
nung zu modifizieren vermochten, haben wir zur Zeit der Sonnen- 
finsternis 1905 gehabt. Der Meteorologe Professor Berson hat, 
wie auch früher schon andere Beobachter, festgestellt, daß die 
Korona der Sonne ihm weit kleiner erschienen ist als den Erd- 
beobachtern. 
Ein Teil der französischen Astronomen, unter ihnen der be- 
rühmte Janssen, legen deshalb sehr hohen Wert auf die Beobach- 
tungen, welche während einer Sonnenfinsternis vom Luftballon aus 
angestellt werden. 
Über die Lichtverhältnisse in den verschiedenen Jahres- und 
Tageszeiten, über den Einfluß der Wolkendecke usw. muß natürlich 
der Ballonphotograph nicht minder gut unterrichtet sein wie ein 
Fernphotograph auf der Erde. Er muß wissen, daß z. B. gerade 
die chemische Wirksamkeit des Lichtes außerordentlich wechselnd 
ist. Die Aktinität der im Zenit stehenden Sonne ist am größten, 
deshalb ist sie im Juni 16mal größer als im Dezember; vormittags 
ist der Einfluß des Lichtes intensiver als nachmittags. Leichte Be- 
wölkung am Himmel absorbiert bis zu 40%, eine graue Decke bis 
80% der Strahlen. Das direkte Sonnenlicht ist 8—14mal stärker 
als das diffuse Licht des blauen Himmels. Bei weißen, von der 
Sonne beschienenen Wolken steigert sich die Intensität auf das 
2—3 fache. 
Im Gebirge ist noch zu beachten, daß infolge der reinen Luft 
zwischen Licht und Schatten starke Gegensätze vorhanden sind. 
Der Franzose Boulade‘?) stellt in dem Jahrbuch für Photo- 
graphie hierfür einige Zahlen zusammen, nach welchen man unter 
Berücksichtigung der Jahreszeiten, Sonnenhöhe, Himmel usw. die 
Expositionszeiten annähernd zu bestimmen vermag. 
*) Annuaire General et International de la Photographie. Paris, Plon- 
Nourret et Compagnie, 1904.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.