Erstes Kapitel.
Vorgeschichte.
Schwerer als die Luft oder leichter als die Luft!
Diese wenigen Worte enthalten die beiden Grundgedanken, auf
welchen sich die gesamte Luftschiffahrt aufbaut. Mit technischen
Ausdrücken nennt man die Wissenschaften, welche sich mit diesen
Grundbedingungen beschäftigen, »Aerodynamik« und »Aero-
statik«.
Aerostatische Luftschiffe sind demnach solche, auf welchen
man die Last mit Hilfe von Hohlkörpern emporhebt, die mit einem
Gase »leichter als die Luft« gefüllt sind, während bei aerodynamischen
Luftfahrzeugen die Last ohne Ballon mit Hilfe von Schrauben oder
andern derartigen Vorrichtungen in willkürlicher Richtung durch
die Luft geführt wird. Letztere sind demnach stets »schwerer als
Luft«.
Die aerodynamischen Bestrebungen sind begreiflicherweise die
ältesten.
In zahlreichen Sagen aller Völker spricht sich die Sehnsucht
aus, den‘ Vögeln gleich durch die Luft zu fliegen und sich das
Luftmeer ebenso untertan zu machen wie das Wasserreich. Die
bekanntesten solcher Legenden sind diejenigen von Phrixos
ınd Helle, die auf einem goldvliesigen Widder über das Meer
entflohen, und von Dädalus und Ikarus, der bei seinem Fluge
der Sonne zu nahe kam und infolge des Schmelzens des Wachses,
las die Federn seiner Flügel zusammenhielt, seinen Tod fand.
In Persien soll der König Xyaxares von seinen Magiern einen
zeflügelten Thron erhalten haben, an welchem vier gezähmte Adler
Hildebrandt, Die Luftschiffahrt. 2. Auflage.