Fallschirme und Gleitflieger.
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hierzu nach den beiden Diagonalen, so erhält man eine federnde
achteckige Platte, deren Mittelpunkt durch einen kleinen Druck sich
aach oben oder unten schnellen
1äßt. Und nun kann man die Karte
so dem freien Fall überantworten,
laß die ursprünglich geraden Seiten
wie abc dachartig in b hoch (1 und 2
der Figur) oder sattelartig in b tief
(3 und 4) liegen.
In allen vier Fällen hat man
einen Fallschirm, der, wenn die
Plattenmitte nach unten vortritt
‘1 und 3), stabil zu Boden sinkt, der
aber, wenn die Plattenmitte nach
»>ben vertritt, sofort sich auf den
Rücken wirft und meist in den
Drehfall übergeht.
Rückt man den Schwerpunkt der ebenen oder der gefalteten
Platte durch Anbringen von Gewichten (Aufschieben von Brief-
klemmen g) exzentrisch nach vorn (siehe die
Abbildung), so geht die ebene Platte, wie die
gefaltete Platte nach 1 und 3 obenstehender Figur
sofort in schönen Gleitflug über, während die g be |
Platte nach 2 und 4 über Kopf stürzend sich auf
den Rücken wirft und dann in umgekehrter
Richtung stabil weiter gleitet.
Man sollte nun meinen, daß heute, 100 Jahre Herrichten einer Postkarte
nachdem Sir Cayley diese Dinge richtig gestellt für den Geitiag.
hat, Einigkeit darüber herrschen müsse. Davon sind wir aber noch
weit entfernt, und zwar deshalb, weil man zwei Dinge, die Stabilität
ınd die Tragkraft durch die Luft gleitender Schirme durcheinander
wirft, oder der größeren Tragkraft die selbsttätige Stabilität opfert.
Damit kommen wir sofort auf den deutschen Altmeister des Gleit-
fAlugs, den Berliner Ingenieur Otto Lilienthal.
Vor Lilienthal war der Gleitflug mit ebenen oder schwach
nach unten konkaven Tragflächen schon geübt worden von Meer-
wein 1781, von Mouillard 1865 (siehe Abbildung S. 222), von
Wenham 1866, mit nach vorn und hinten ziehbaren Flügeln von
Koch (1891) (siehe Abbildung S. 222), in kleinen Modellen 1855 von
Joseph Pline. Aber erst mit Lilienthal kam »Zug in die Sache«.
pa