Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Wissenschalftliche Luftschiffahrt. 
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Die Franzosen Sivel und Croce-Spinelli hatten in der 
pneumatischen Kammer Druckverminderung bis 300 mm sehr gut 
vertragen, im Ballon aber unterlagen sie bei derselben Verdünnung 
sehr großen Beschwerden, die sie auf die erhebliche Kälte von 
— 24° schoben. Einatmung von Sauerstoff brachte ihnen allerdings 
zroße Erleichterung. 
Am 15. April 1875 stiegen Gaston Tissandier, Sivel und 
Croce6-Spinelli mit einem Ballon in der Absicht auf, wenn möglich 
noch größere Höhen zu erreichen als Glaisher. Um dies durchführen 
zu können, nahmen sie jeder noch kleine Ballons mit, die mit ver- 
schiedenen Mischungen von Sauerstoff und Luft gefüllt waren. Durch 
Röhren mit Mundstücken wollten sie dieses Gemisch einatmen, sobald 
sie irgendwelche Beschwerden verspürten. 
Um die Wirkung ihrer Ballons zu erproben, begannen sie schon 
bei ca. 4300 m mit der künstlichen Atmung, um aber bald wieder 
Jamit aufzuhören. Sivel wurde zuerst von körperlichem Unbehagen 
ergriffen, er bekam einen Ohnmachtsanfall, der jedoch bald wieder 
vorüberging. Meteorologische wie physiologische Beobachtungen 
wurden von Tissandier fortgesetzt angestellt. Es ergab sich, daß er 
selbst bei 4600 m 110 Pulsschläge in der Minute feststellte, gegen 
30 normal; in 5300 m hatte Sivel 150, Croce 120, während in dem- 
selben Verhältnis ungefähr die Atemzüge zunahmen. 
Bei 7000 m begannen die Kräfte nachzulassen, und die Luft- 
schiffer fingen an, in den bekannten Zustand der Gleichgültigkeit 
zu fallen; die große Kälte (— 10°) machte. die Hände erstarren, 
Schwindel und Ohnmachten stellten sich ein; während Sivel und 
OCroce am Boden regungslos sitzen, vermag Tissandier noch vom 
Barometer die Zahl 8000 abzulesen, um dann ebenfalls das Bewußt- 
sein zu verlieren. Nach einiger Zeit wurde er durch Croce geweckt, 
welcher ihn bat, Sand auszuwerfen, da der Ballon rapid fiel. Croce 
mußte es aber selbst tun, da Tissandier sofort wieder in Schlaf ver- 
fiel. Als der letztere dann nach einiger Zeit wieder infolge sehr 
starken Luftzuges zum Bewußtsein kam, gelang es ihm nicht, seine 
Gefährten zu erwecken, sie waren mittlerweile erstickt. Nach einer 
starken Schleiffahrt landete er selbst unversehrt mit den beiden 
Leichen an Bord. Sivel und Croce waren in ca. 8300 m Höhe er- 
stickt, weil sie nicht mehr die Kraft gehabt hatten, die Röhren der 
Atmungsballons zu benutzen. 
In Deutschland — und später auch in Österreich — hat man 
sich ganz besonders in der Organisation von Hochfahrten hervor-
	        
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