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Zwanzigstes Kapitel.
alten, bewährten Freiballon bald in der Hauptsache verdrängen
würden, hat sich bislang nicht erfüllt, im Gegenteil an den ver-
schiedensten Orten des In- und Auslandes finden Wettfahrten mit
Kugelballons statt; es hat sich sogar als notwendig erwiesen, die
Termine jeweils Anfang des Jahres durch das Büro des internatio-
nalen Luftschifferverbandes festlegen zu lassen. Gibt es doch jetzt
;n Deutschland 42 Vereine, die sich der Aeronautik widmen, mit
fast 40000 Mitgliedern.
Bislang hat nur eine einzige Konkurrenz mit Lenk-
ballons stattgefunden, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß
dieser Sport erst in den Kinderschühen steckt. In St. Louis hatte
am 21. Oktober 1901 der Aeroklub von Amerika gelegentlich des
hier stattindenden Ballonwettfliegens um den Gordon Bennett-Preis
aine solche Fahrt organisiert. Sechs kleine Fahrzeuge waren hierzu
erschienen, und fünf derselben nahmen an der Konkurrenz teil. Die
Fluglinie, die umflogen werden mußte, war durch zwei eine englische
Meile voneinander entfernte Fesselballons markiert. Sieger blieb
der Amerikaner Beachy, der den Weg in der kürzesten Frist zurück-
gelegt hatte. Die Eigengeschwindigkeit seines Aerostaten hat nach
einwandfreien Messungen von Rotch und dem Verfasser über 8 m/sek
betragen. Äußerst spannend für Fachleute und Laien war dieser
Kampf in den Lüften, bei dem man den Flug der Fahrzeuge vom
Start bis zum Ziel und vom Ziel bis zum Start genau verfolgen
zonnte. Besonders interessant war die Art und Weise, wie die
Führer die Hindernisse, wie Bäume und hohe Häuser, nahmen:
iediglich durch Zurückgleiten oder Vorrutschen mit dem Körper
wurde die Spitze der Ballons gehoben oder gesenkt und hierdurch
lynamisch höher oder tiefer gegangen.
Während der Frankfurter Luftschiffahrtsausstellung waren Preise
für Lenkballons ausgesetzt, die sich jedoch nur auf die größte Zahl
von Aufstiegen, mehrfachen Besuch bestimmter Orte bezogen, nicht
aber auf gegenseitige Schnelligkeitsfahrten. Spannend war aber
gelegentlich die Fahrt, die am 15. September gleichzeitig zwischen
dem Parsevalballon und dem »Z II«, stattfand. In der Gondel des
letzteren befanden sich außer Graf Zeppelin als Führer, der Herzog
von Koburg-Gotha, Prinz und Prinzessin Wilhelm von Preußen,
Orville Wright, Geheimräte Loewe und Arnold, Dr. Karl Lanz und
Verfasser. Von Frankfurt bis Darmstadt blieben die Ballons nahe
beieinander, bald der eine den anderen überholend, was vielleicht
weniger seinen Grund in der verschiedenen Eigengeschwindigkeit