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Zwanzigstes Kapitel.
gibt, den landenden Ballon schnell zu erreichen, ferner die »Fuchs-
jagden«, bei denen es darauf ankommt, einem zuerst aufgestiegenen
‚Fuchsballon« bei der Landung möglichst nahezukommen.
Noch eine ganze Reihe von Variationen lassen sich in den Luft-
sport bringen.
Das größte Interesse erregen die Weitfahrten. Der Wunsch
aines jeden Neulings im Luftsport geht dahin, eine möglichst weite
Fahrt zu machen. Eine weite Fahrt ist aber unter allen Umständen
auch entweder eine schnelle oder eine langdauernde Fahrt.
Eine schnelle Fahrt kann man natürlich nur machen, wenn
entsprechende Luftbewegung vorhanden ist.
Die weiteste Fahrt haben im Jahre 1900 die Grafen de la
Vaulx und Castillon de Saint Victor mit dem nur 1600 cbm
großen, mit Wasserstoffgas gefüllten Ballon »Le Centaure« von
Paris bis nach Korostischew in Rußland ausgeführt. Dieselben
hatten in der Luftlinie 1925 km zurückgelegt und waren 35 Stunden
45 Minuten in der Luft geblieben. Die längstdauernde Fahrt hat
der‘ Schweizer Oberst Schaeck am 11./13. Oktober 1908 mit dem
damaligen Oberleutnant der Schweizer Luftschiffer Meßner gemacht,
wo die beiden in Konkurrenz für den Gordon Bennett-Pokal offiziell
721 Stunden in der Luft blieben und von Berlin in langer Fahrt
iiber die Nordsee bis nach Burgset in Norwegen gelangten.
[m allgemeinen ist eine Weitfahrt lediglich Glücksache; wenn
der nötige Wind nicht vorhanden ist, versagt auch die Kunst des
Führers. Seine Geschicklichkeit kann er aber dann erweisen, wenn
zleichzeitig verschiedene Ballons zu einer Fahrt aufsteigen und es
darauf ankommt, möglichst lange in der Luft zu. bleiben. In diesem
Falle muß er seine ganze Erfahrung einsetzen, den Ballastverbrauch
so ökonomisch wie möglich zu gestalten. Bei solchen Konkurrenzen
Kann auch Handicap eintreten, d. h. die Menge des zur Verfügung
stehenden Ballastes wird für jeden einzelnen Ballon vorher genau
jestgesetzt nach seiner Größe und eventuell auch nach seinem Füll-
yase, was im allgemeinen allerdings dasselbe sein soll.*)
Aus der Theorie wissen wir, daß ein größerer Ballon auch einen
stärkeren Gasverlust erleiden muß als ein kleinerer; man kann daher
„icht allen Ballons dasselbe Gewicht an Ballast zuteilen, sondern
ı) Internationaler Luftschifferverband. Satzungen und Reglements. Aus dem
Französischen übertragen von Eberhard v. Selasinsky und Dr. Hermann Stade.
Straßburg und Berlin. Verlag von Karl J. Trübner, 1908.