Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

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Zwanzigstes Kapitel. 
die bedeutende Rechtsdrehung sehr wesentlich, denn mit dem 
1600 cbm großen, nur mit Leuchtgas gefüllten Ballon hätte man 
nicht den Versuch der Alpenüberquerung wagen können, und eine 
Landung im Hochgebirge ist außerordentlich schwierig und kost- 
spielig. 
Die Landung ist noch das Gefährlichste bei der Luftschiffahrt, 
wenn man überhaupt von »Gefährlichkeit« sprechen darf. 
Busley hat in einem Aufsatze »Die vermeintliche Gefähr- 
lichkeit des Ballonfahrens und die damit verknüpfte Versicherungs- 
frage« an der Hand einer sehr genauen Statistik festgestellt, daß das 
Ballonfahren nicht viel gefährlicher ist als die Ausübung irgendeines 
anderen Sports und mit Recht darauf hingewiesen, daß die vor- 
handenen Anschauungen ihren Ursprung meist in dem Treiben vieler 
Biergarten-Luftschiffer haben, die mit mangelhaftem Material vor 
ainer schaulustigen Menge Auffahrten veranstalten. 
Doch auch bei den Berufsluftschiffern ist eine Wandlung zum 
Besseren eingetreten: sie fangen an, mehr Wert auf die Güte ihres 
Materials zu legen. 
Die Leute sind meist auch in wenig beneidenswerter Lage; ihr 
Beruf ist ein sehr dornenvoller und der Verdienst sehr gering. 
Viele Gehilfen können sie sich nicht halten, weil das zu kostspielig 
ist; sie sind deshalb ganz auf die Zuverlässigkeit einiger Angestellten 
des betreffenden Vergnügungsparkes angewiesen, in dem die Auf- 
iahrt vor sich gehen soll. 
Die Füllung dauert dabei viele Stunden, und weil fast nie Sach- 
verständige zum Überwachen der Arbeiten vorhanden sind, müssen 
sie vom frühesten Morgen bei ihrem Ballon stehen, damit recht- 
zeitig am Nachmittage die Fahrt vor sich gehen kann. Andere 
Führer steigen frisch in den von zuverlässigen Luftschiffern voll- 
kommen fertig gemachten Korb, während die Berufsluftschiffer meist 
schon infolge angestrengtester Arbeit vorher müde geworden sind; 
ihre Widerstandsfähigkeit in schwierigen Lagen bei der Fahrt ist 
dann nicht mehr groß. 
Ferner sind sie gezwungen, den Aufstieg bei jedem Wetter zu 
wagen, auch wenn, wie das im Sommer so häufig der Fall ist, 
plötzlich ein Gewitter hereinzubrechen droht, von dem am frühen 
Morgen bei Beginn der Füllung noch nichts zu bemerken war. 
Die Luftschiffer sind meist in keiner glänzenden Lage, und der Ver- 
(lust einer Füllung kann kaum von ihrem Geldbeutel getragen 
werden. Außerdem käme meist noch der Verlust des zurückzu-
	        
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