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Zwanzigstes Kapitel,
werden. Es geht z. B. zu weit, wenn das Berliner Polizeipräsidium
im Jahre 1884 alle Auffahrten vor dem 15. August verboten hat,
weil bei der Landung in früherer Jahreszeit event. Flurschaden ent-
stehen könnte!
Im allgemeinen haben sich in Deutschland nach Einführung der
Reißvorrichtung die Unfälle sehr verringert; denn auch bei starkem
Wind wird durch die schnelle Entleerung der Hülle die gefährliche
Schleiffahrt vermieden.
Eine Landung geht wie folgt vor sich: Sobald der Entschluß
gefaßt ist, die Fahrt zu beenden, wird die: Landungsstelle nach der
Karte und nach dem Aussehen des Geländes bestimmt. Durch
Ventilziehen wird der Aerostat zum Fallen gebracht.
Kurz vor der Landungsstelle muß man ihn am Schlepptau ab-
iangen, d. h. ihn am Tau in die Gleichgewichtslage bringen, event.
Jlurch Auswurf von Ballast. Auf unbewachsenem, nicht durch Draht-
leitungen irgendwelcher Art durchzogenem Terrain hat dies gar
keine Schwierigkeit. Meist begegnet man aber Bäumen, Telegraphen-
drähten und anderen Hindernissen, dann heißt es aufpassen, daß
man nicht hängen bleibt. Man muß den Ballon durch Ballastgeben
über diese Hindernisse hinwegführen, dabei aber unbedingt dafür
sorgen, daß er nicht zu hoch steigt, da jeder nicht prall volle
Aerostat, dem man auch nur den geringsten Auftrieb gibt, wieder
mindestens bis zu seiner ursprünglichen Höhe emporsteigen muß,
Es ist deshalb erforderlich, durch schnelles Ventilziehen nach dem
Sprung über das Hindernis den Ballon wieder zum Fallen zu bringen.
Solche Manöver können sich sehr häufen; unter Umständen sind
auch Häuser und Dörfer noch zu überfliegen, über die man unter
keinen Umständen das Schlepptau hinwegschleppen lassen darf, so-
lange man noch über ein Körnchen Ballast verfügt.
Es geht daraus hervor, daß es außerordentlich wichtig ist, eine
genügende Menge Ballast zur Landung zu reservieren, und nicht,
um zu eigenem Vergnügen die Fahrtdauer zu verlängern event. die
Schuld auf sich zu laden, daß durch ein über Häuser rasselndes
Schlepptau Menschenleben in Gefahr geraten, ganz abgesehen davon,
daß die Luftschiffer selbst in eine gefährliche Lage geraten können.
Nicht eindringlich genug kann man die Führer warnen, die Fahrt
bis zum Verbrauch des letzten Ballastes auszudehnen und sich auf das
Glück zu verlassen, daß der Ballon in günstigem Gelände herunter-
kommt. Der schwerste Vorwurf würde auf dem Führer lasten, der
durch solchen Leichtsinn ein Menschenleben auf dem Gewissen hätte.