Full text: Die Luftschiffahrt nach ihrer geschichtlichen und gegenwärtigen Entwicklung

Brieftauben für Ballonzwecke. 
427 
27 Stunden eher ein, als die durch den Telegraph übermittelte 
Nachricht. 
Inbezug auf die Schnelligkeit des Fluges kann Verfasser auf 
Grund der Erfahrung bei ca. 200 Ballonfahrten und im ganzen zirka 
1500 in Militärballons hochgelassenen Tauben die Angaben Flörings 
nur bestätigen. Bei den im Nebel oder über den Wolken in Frei- 
heit gesetzten Tieren kommt es häufiger vor, daß sie erst ein oder 
mehrere Tage später zurückkehren. 
Bei der Beurteilung der Leistungen im allgemeinen muß man 
zunächst feststellen, auf welche Weise die Dressur erfolgt ist. Es 
ist unzweifelhaft ein großer Unterschied, ob man gereiste, schon be- 
währte Tauben im Ballon mitnimmt, oder ob man von vornherein 
nur im Luftschiff reisen läßt. In letzterem Falle muß bei den ein- 
zelnen Touren genau so, wie es auf der Erde der Fall ist, ein ge- 
wisser Prozentsatz derselben verloren gehen, der in Anbetracht der 
Schwierigkeiten aber ungleich größer sein wird. 
Es hat sich nun ferner herausgestellt, daß es von wesentlicher 
Bedeutung ist, aus welcher Richtung die Tauben geworfen werden. 
Mehrfach bewährte Tiere versagten z. B. plötzlich, wenn ein 
Ballon nach langer Pause einmal wieder nach Süden getrieben war, 
schon bei geringeren Entfernungen bei günstiger, wenig windiger 
Witterung. Durch die häufigen Flüge aus anderen Himmelsgegenden 
waren die Merkmale der im Süden von Berlin liegenden Gegenden 
aus dem Gedächtnis entschwunden, und die Orientierung nach der 
Sonne mußte versagen. 
Man muß also entweder die auf alle Richtungen dressierten 
Tauben zeitweise in dem seltener beflogenen Gelände zur Übung 
einsetzen, oder aber man teilt für Norden, Osten, Süden und Westen 
ganz bestimmte Tiere ein, die nur diese Richtung kennen lernen. 
Im allgemeinen kann der Flug der Aerostaten am Zuge der Wolken 
oder aufgelassener Pilotenballons ziemlich genau bestimmt werden; 
jedoch muß man berücksichtigen, daß in den verschiedenen Höhen 
oft andere Luftströmungen herrschen und deshalb muß man bei 
der Dressur die Tauben Süd nach Osten und Westen usw. über- 
greifen lassen. 
Eine große Rolle spielt ferner die Tagesstunde, zu der man die 
Tiere einsetzt. Die bei der Dressur meist früh morgens aufgelassenen 
Vögel lernen bald, sich genau nach dem Stande der Sonne zu 
orientieren. Es ist von verschiedenen Luftschiffern die Erfahrung 
gemacht worden, daß plötzlich vermehrte Verluste unter sonst
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.