Luftschifferrecht.
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wenn hier fremde Luftschiffer gelandet sind. Es ist sehr leicht, aus
der Höhe Festungswerke zu studieren; die photographische Kamera
vermag nach bestimmten Verfahren aus vier, fünf und mehr Kilo-
metern scharfe Bilder von Befestigungsanlagen zu bringen. Des-
halb kann man es keinem Staate verargen, wenn man absolut zu
verhindern sucht, daß fremde Luftschiffer in die Werke der Landes-
verteidigung Einblick gewinnen. Voraussichtlich werden in diesem
Punkt scharfe Bestimmungen erlassen werden.
Eine große Rolle spielt es hierbei, ob die Luftschiffer Privat-
leute oder Angehörige des Heeres und der Marine oder Staats-
beamte sind. Dies führt auf einige andere Punkte. Es muß scharf
zwischen Staats- und Privatballons unterschieden werden, weil die-
selben sowohl in den eigenen Staaten als auch im Auslande ver-
schieden behandelt werden müssen.
Staatsballons können Militär- oder Zivilballons sein. Ein
Militärballon steht unter dem Befehl eines Offiziers der Land-
armee oder der Marine, welcher von der Militärbehörde das Kom-
mando über den Ballon erhalten hat, der mitsamt der Ausrüstung
auch dem Militär gehört.
Ein Staats-Zivilballon wird von einem Beamten geführt, der mit
einem den Zivilbehörden gehörenden Luftschiffe Auffahrten dienst-
lich zu unternehmen hat.
Alle übrigen Luftfahrzeuge fallen unter die Kategorie der
Privatballons, gleichgültig, ob sie von einem. Offizier oder Beamten
privatim geführt werden.
Es soll nun unbedingt verlangt werden, daß alle Ballons ebenso
wie die Schiffe unzweideutig kenntlich gemacht werden. Der Kom-
mandeur der russischen Luftschiffer, Oberst von Kowanko, hatte
schon früher darauf aufmerksam gemacht, daß die unliebsamen
Vorkommnisse, eine Beschießung deutscher und österreichischer
Ballons durch russische Grenzkosaken, lediglich in dem Fehlen
einer Flagge ihren Grund gehabt hätten. Die Russen sind gewohnt,
an allen bemannten Ballons die Flagge zu führen, und sehen des-
halb alle ohne Flagge fahrenden Luftschiffe als Registrierballons an.
Da es nun bekannt ist, daß den Findern eines Ballons besondere
Belohnungen zuerkannt werden, haben die Soldaten mehrfach die
Landung eines solchen Ballons durch Schüsse herbeizuführen ge-
sucht. In gleicher Weise hat man auch in neuester Zeit Aerostaten,
deren Bemannung man zweifelsohne von unten gesehen hat, durch
Schüsse zur Landung gezwungen.