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Die Theorie des Ballonfahrens und die Luftnavigation. 49
näherten Ballonortes bis auf etwa 6 Bogenminuten = rund 10 km
ankommt. Nach den jetzt vorliegenden Erfahrungen dauert eine
lerartige Auswertung von Breite und Länge im Freiballon und im
Luftschiff nur etwa 5 bis 6 Zeitminuten.
In dem dritten Falle endlich, wenn sowohl die Orientierung nach
unten versagt als auch die Gestirne nicht sichtbar sind, daß also das
Luftfahrzeug ganz im Nebel oder in Wolken sich befindet, tritt
die magnetische Aeronavigation helfend ein, die wenigstens eine
Orientierung‘ des Ballons. in Breite bis auf etwa 6 km Genauigkeit
erlaubt. Auch die magnetische Ortsbestimmung ist zuerst von Pro-
fessor Marcuse, Berlin, sowohl im Freiballon als auch im Luftschiff
durchgebildet worden mit Hilfe eines besonderen magnetischen
Balloninklinatoriums, an welchem jedesmal im magnetischen Meridian
(im Luftschiff nach geeigneter Kompensation) der Unterschied der erd-
magnetischen Inklination gegen den betreffenden, für den Aufstiegs-
ort bestimmten Wert ermittelt wird. Auch Dr. Bidlingmaier,
Wilhelmshaven, hat neuerdings ein magnetisches Instrument zur
Orientierung im Ballon (Ballondoppelkompaß) konstruiert, welches
im Anschluß an frühere Arbeiten von Eschenhägen und Professor
£bert, München, Messungen der erdmagnetischen Horizontalintensi-
;ät zur Bestimmung der Breitenverschiebung im Freiballon verwend-
bar macht. Magnetische Orientierung ist besonders in Deutschland
wichtig, um rechtzeitig auch im Nebel eine Annäherung an die
Meeresküsten zu erkennen. Werden diese Messungen hierbei mit
dem magnetischen Balloninklinatorium von‘ Marcuse ausgeführt,
so benutzt man zur Orientierung auf der Karte die Isoklinen oder
Linien gleicher magnetischer Inklination. Werden die betreffenden
Beobachtungen mit dem Ballondoppelkompaß von Bidlingmaier ge-
macht, so verwendet man zur Orientierung des Ballons in Breite
die sog. Isodynamen oder Linien gleicher erdmagnetischer Horizon-
jalintensität. Sowohl Isoklinen wie auch Isodynamen verlaufen für
Mitteleuropa ungefähr parallel den Breitengraden, wofür es beson-
dere erdmagnetische Karten gibt.
Außer Marcuse haben sich noch viele andere Gelehrte mit der
astronomischen Ortsbestimmung im Luftballon beschäftigt, beispiels-
weise haben Professor Dr. Schwarzschild und Dr. Bircek von
der Sternwarte zu Göttingen diesbezügliche Tafeln herausgegeben,
lie aber nur bei Nacht zu gebrauchen sind.
Die Hauptschwierigkeit bei der Steuerung der Luftschiffe bietet
ler Wind, der fortwährend in bezug auf seine Richtung und Ge-
Hildebrandt, Die Luftschiffahrt. 2. Auflage.