Full text: Leitfaden der Flugtechnik

Die Verwendung von Stabilitätsautomaten. 151 
Die halbfreie Aufhängung wird hier der besonderen Besprechung 
unterzogen, weil sie nach Art des Schlickschen Kreisels, wie er 
zur Milderung der durch stärken Wellengang hervorgerufenen Schlinger- 
bewegung von Schiffen oder beim Brenan-Scherlschen Einschienen- 
wagen, zur Erhaltung der Zielrichtung beim Torpedogeschoß praktisch 
verwendet wird, auch zur Stabilisierung der Flugmaschinen 
am meisten Aussicht auf Erfolg bietet. 
b) Verhalten des Kreisels. Die Erscheinungen, welche bei der 
Bewegung des Kreisels auftreten, können, so eigenartig und merkwürdig 
sie im ersten Betrachten sein mögen, mit dem in der Mechanik bekann- 
ten Satz vom Antrieb erklärt werden; dieses Prinzip sagt aus, daß eine 
auf den Körper einwirkende Kraft der von ihr in der Zeiteinheit er- 
zeugten Bewegungsgröße m - v proportional ist. Für die drehende Be- 
wegung ist die Kraft durch das die Drehung einleitende Drehungsmoment 
M, die Masse m durch das polare Trägheitsmoment J um die Kreisel- 
achse, v durch die Winkelgeschwindigkeit © zu ersetzen, so daß der 
Satz vom Antrieb für die drehende Bewegung lautet: 
M.t= J-:@. 
Der Ausdruck M-t wird nach Föppl (Mechanik, Bd.I) als 
‚Drall B‘“ des Kreisels bezeichnet, und er mißt das Bestreben des 
Kreisels, seine Rotationsachse unverändert beizubehalten; der Drall 
ist somit als Maß für die Trägheit der Kreiselachse aufzufassen. 
Mit dem Werte J-w widersetzt sich also der Kreisel jedem Ein- 
Ausse, der die Lage seiner Achse ändern will, und je größer sein Drall, 
d. h. je größer das Trägheitsmoment und je rascher die Drehung, umso 
genauer behält der angestoßene Kreisel seine Rotationsachse bei. 
Es soll hier nicht weiter auf die Ableitung des oben angeführten 
physikalischen Grundgesetzes eingegangen werden; es erscheint uns 
dies umso überflüssiger, als jedes größere Lehrbuch der Mechanik 
die für die Kreiselbewegung gültigen Gleichungen enthält. Hier 
möge nur noch der Vollständigkeit halber das Resultat der theoretischen 
Betrachtungen angeführt sein, welches lautet: 
Rotiert der Kreisel mit der Winkelgeschwindigkeit @ um die 
vertikale v—v-Achse, und wird er z. B. durch einen Windstoß links, 
der das Kippmoment M,, auslöst, gezwungen, um seine zweite Haupt- 
trägheitsachse y—y eine Drehung mit der gegenüber ® sehr kleinen 
Winkelgeschwindigkeit w, auszuführen, so entsteht eine Gegenwirkung 
des Kreisels in Gestalt eines Drehmomentes M. um die x—x-Achse, 
dessen Größe sich errechnet aus: 
Mr = J:@* 
Die Ebene dieses neuen Momentes, das durch die mit der Winkel- 
veschwindigkeit w, vor sich gehende Kippbewegung entstanden ist,
	        
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