166 Konstruktion, Aufbau und Berechnung des Traggerüstes,
Es ist selbstverständlich, daß für jeden Konstruktionsteil die größt-
mögliche auf ihn einwirkende Belastung heranzuziehen ist und die zu-
ässige Beanspruchung für sein Baumaterial nicht überschritten werden
darf.
Der eigentlichen Festigkeitsberechnung einer Tragkonstruktion soll
daher eine Untersuchung über die Größenverhältnisse der Kräfte voran-
gehen, denen ein Flugzeug unter den verschiedenen Verhältnissen aus-
gesetzt ist.
Ich folge hier im wesentlichen den von Prof. Reißner in einem
Vortrage in der „„Wissenschaftlichen Gesellschaft für Flugtechnik‘“ (No-
vember 1912 in Frankfurt a. M.) aufgestellten Grundsätzen, die für den
praktischen Konstrukteur zahlreiche zu beherzigende Winke für die
Dimensionierung der Hauptteile eines Flugzeugverbandes enthalten,
wie sie ihm zur strengen und gewissenhaften Befolgung auf das eindring-
lichste empfohlen werden müssen, wenn er sich vor schweren Ent-
täuschungen und den Führer des Flugzeugs vor manchem ernsten
Unglück bewahren will.
Die auf das Flugzeug einwirkenden Kräfte sind:
a) bei geradliniger Bahn:
1. Das Eigengewicht von oben nach unten wirkend; es wird im
Horizontalfluge durch die Auftriebskomponente des Luftwiderstandes,
ım Gleitfluge durch den resultierenden Luftwiderstand ausgeglichen.
2. Der Luftwiderstand von unten nach oben auf die Tragfläche
wirksam; er ergibt sich nach dem früher darüber Gesagten als Druck-
Jifferenz der Luftströmungen auf Rücken und Unterseite des Flügels.
3. Die Zusatzkraft, die infolge Geschwindigkeitssteigerung beim
Gleitfluge auftritt. .
Diese Überlastung gegenüber der Beanspruchung im Horizontalfluge
ist so zu deuten. Ist für den Horizontalftug der Einfallswinkel 3°, so
entspricht dieser Stellung z. B. beim Nieuportflugzeug eine spezifische
Auftriebskomponente N = 21 kg/m?, während für einen KEinfalls-
winkel x = 0%, unter dem das Flugzeug im Gleitfluge gegen die Bahn-
richtung heruntergebracht würde, ihr Wert auf 16 kg/m? sinkt, wie die
Versuchskurven von Eiffel bzw. von Loukianoff lehren.
Das will besagen, daß mit Vernachlässigung des Rücktriebes im
Gleitfluge die Geschwindigkeit wegen der notwendigen Erhaltung des
Gleichgewichtes zwischen Eigengewicht und Luftwiderstand im Ver-
hältnisse zT = 1,31, also von 80 km/std im Horizontalfluge auf
L05 km/std im Gleitfluge anwachsen muß.
Knüpft man an diese Betrachtung die hinlänglich bekannte Druck-
mittelspunktwanderung an, zufolge welcher beim Nähern des Einfalls-