Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Lehrpläne und Lehrbetrieb. 
Die Realschulen haben einen doppelten Zweck zu erfüllen. Der 
erste und wichtigste ist der, das Bedürfnis des Mittelstandes nach 
einer praktischen und zugleich wenigstens in gewissem Sinne ge- 
schlossenen Bildung zu befriedigen. In gewissem Sinne muß man 
sagen, denn von einem eigentlichen Abschluß der Bildung kann nach 
sechs, oder die Elementarklassen miteingerechnet, neun Schuljahren 
nicht wohl die Rede sein. Immerhin aber vermag ein solcher Kursus 
sinen Kreis von Kenntnissen zu vermitteln, welcher eine praktisch 
ıützliche Vorbildung für die Tätigkeit des Kaufmanns, des Tech- 
ılkers und des kleinen Beamten gibt und zugleich in einem all- 
zemeineren Sinne die Geisteskraft der Schüler entwickelt und ihnen 
wenigstens einen Ausblick auf größere Wissenskreise, soweit sie als 
Gemeingut moderner Bildung in Betracht kommen, eröffnet. Was 
man von dem gebildeten Mann des praktischen Lebens verlangen 
nuß, ist einmal Sicherheit im Gebrauche der Muttersprache, Kenntnis 
and Verständnis der wichtigsten Literaturwerke und der wesentlichsten 
Züge der Geschichte unseres Vaterlandes; es sind ferner die Grund- 
lagen einer mathematisch naturwissenschaftlichen Bildung und endlich 
eine wesentlich praktisch gerichtete Kenntnis der wichtigsten modernen 
Fremdsprachen. Indem nun aber die Realschule diese Gegenstände 
mit ihrem Lehrplan umfaßt, erfüllt sie zugleich eine zweite Aufgabe: 
sie wird zur Vorstufe der oberen Klassen der Vollanstalten, die für 
den Besuch der Universität vorbereiten, und sie vermittelt somit recht 
eigentlich zwischen der Bildung des Mittelstandes und der der 
akademischen Kreise. Jedem begabten Schüler ist es auf diese Weise 
möglich, nach Absolvierung des sechsten Schuljahres, bis zum 
Abiturientenexamen weiterzugehen und sich damit den Weg zur Hoch- 
schule zu eröffnen. „In der heutigen lateinlosen Realschule,“ sagt 
Halfmann, Reform der höheren Schule S. 362, „deren Zöglingen 
nach ihrem Lehrplane die Möglichkeit gegeben ist, ihre Allgemein- 
bildung durch den Übergang in die Oberrealschule weiter fort- 
zusetzen, haben die weiteren Bevölkerungsklassen des Mittelstandes 
endlich die Schulart erhalten, die nach Lehrplan und Prüfungsordnung 
allen Anforderungen entspricht, die man bei heutigen Übergangs- 
verhältnissen unseres höheren Schulwesens billigerweise stellen kann.“ 
Freilich ist es bisher ausschließlich die lateinlose Oberrealschule, 
an welche die sechsklassige Realschule einen unmittelbaren Anschluß 
indet. Der Lehrplan der ersteren stimmt für die ersten 6 Schuljahre 
nit dem Lehrgang der letzteren, wie er sich an den meisten Orten 
yestaltet hat, überein. Da nun die ÖOberrealschule, bis auf einige
	        
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