Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

Die einzelnen Unterrichtsfächer. 117 
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burg und im Anschluß daran ein Ausblick auf die Entwicklung und 
Bedeutung der romantischen Dichtung. Wünschenswert ist auch die 
Lektüre eines geeigneten Dramas von Grillparzer (z. B. Sappho oder 
das goldene Vlies), — Die im Lesebuche der unteren und mittleren 
Klassen dargebotenen Proben neuerer Dichter sind in geeigneter 
Weise zusammenzustellen, zu ergänzen und zu würdigen. — Außerdem 
werden auf dem Gymnasium Shakespearesche Dramen, am häufigsten 
Julius Cäsar und Macbeth, auf den Realanstalten einige griechische 
Tragödien in deutschen Übersetzungen gelesen. 
Was die Methode des Lektüreunterrichts betrifft, so unter- 
scheiden sich hierin die unteren und mittleren Klassen von den oberen. 
Dort werden im allgemeinen die prosaischen wie die poetischen 
Stücke zusammenhängend in der Klasse gelesen und die nötigen 
Erklärungen daran geknüpft. Hier bewegt sich der Unterricht zu- 
meist in Erörterungen und Besprechungen, denen die häusliche 
Lektüre zur Grundlage und Voraussetzung dient. Gedichte sollen 
zuf den unteren und mittleren Stufen zunächst vom Lehrer vor- 
yelesen werden; dann folgt die Besprechung, den Abschluß bildet das 
Lesen und, wenn das Gedicht zum Kanon gehört, das Aufsagen 
Jesselben seitens der Schüler. Bei der Lektüre größerer, insbesondere 
Aramatischer Werke in OII und UM ist das Lehrziel eine ver- 
ständnisvolle und lebendige Anschauung des Inhalts; das Verständnis 
der künstlerischen Form wird nur durch einzelne gelegentliche Winke 
vorbereitet, also noch nicht eigentlich angebahnt. In den oberen 
Klassen dagegen sieht man im allgemeinen von einer eingehenden 
Erklärung des einzelnen ab; die Besprechung ist von vornherein auf 
Jas Verständnis des Ganzen gerichtet. Vor allem sollen die Schüler 
in gemeinschäftlicher Arbeit die leitenden Gedanken herausheben, in 
lie Charakteristik der Gestalten eindringen, die Hauptabschnitte und 
den künstlerischen Aufbau feststellen: so gelangen sie zugleich zu 
ajnem vertiefteren Verständnis des Inhalts und der künstlerischen 
Form. Auf dieser Grundlage schreitet der Unterricht sodann dazu 
fort, das Kunstwerk im Lichte biographischer und literargeschicht- 
licher Entwicklung zu betrachten, mithin von dem Verständnis der 
einzelnen Dichtung aus, welches immer das erste und nächste Ziel 
der Lektüre bildet, zu einem Einblick in die geschichtliche Ent- 
wicklung zu führen, der sie angehört. Diesem Zweck dient auch 
die geschichtliche und biographische Anordnung der Lektüre. Er- 
gänzend treten literarhistorische Belehrungen hinzu, aber einen eigent- 
lichen literargeschichtlichen Unterricht gibt es auf den deutschen
	        
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