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zent seine Einwilligung dazu erteilt. In Preußen ist dies Recht außer-
dem an die Ablegung des Lehrerinnen-Examens gebunden, vor allem,
am dem Zulauf ungenügend vorgebildeter Frauen zur Universität zu
steuern.
Das Mädchenschulwesen.
Trotz dieser Beschränkung in der Zulassung ist nun das Frauen-
studium an den Universitäten dauernd gestiegen, und das hat die
Frage der gymnasialen Vorbildung im Augenblick zu einer Tages-
frage gemacht!). Es sind in verschiedenen deutschen Staaten
zymnasiale Anstalten für Mädchen entstanden, die sich teils an den
Plan der Berliner Gymnasialkurse angeschlossen haben, teils sechs-
stufig sind, wie das Karlsruher Mädchengymnasium. Der Plan, ein
zsechsstufiges Gymnasium für Mädchen zu‘ gründen, der im Jahre 1898
von dem Magistrat in Breslau gefaßt wurde, ist von seiten der preußi-
schen Regierung abgelehnt worden. Bis zum Jahre 1902 erhielten
sechsstufige Anstalten nicht die Genehmigung der Regierung, weil man
die höhere Mädchenschule in ihrem vollen Umfange als die unumgäng-
.iche Grundlage jeder weiter führenden Bildung zu erhalten wünschte
ınd daher keine Bildungsanstalt zulassen wollte, die in ihren Lehr-
vang eingriff.
In ein neues Stadium ist die Frage der gymnasialen Mädchen-
bildung dadurch getreten, daß die Schüler der Realgymnasien im ganzen
Reich dasRecht erhielten, Medizin zu studieren, in Preußen(ebenso wie
die Oberrealschüler) auch Jura und alle Zweige des höheren Lehrfaches.
Die praktische Bedeutung des vollen humanistischen Gymnasiums für
Mädchen: wurde dadurch eingeschränkt, da die meisten Schülerinnen
der Mädchengymnasialanstalten für ihr späteres Studium nur der durch
das Realgymnasium gewährten Berechtigung bedurften. Es sind des-
halb die meisten bestehenden gymnasialen Mädchenanstalten in Real-
gymnasial-Anstalten verwandelt worden. Diese Verwandlung hat die
Frage der höheren Mädchenbildung der Lösung näher gerückt, auf
die sich von den verschiedensten Seiten her die Wünsche der Frauen
allmählich konzentriert hatten: die höhere Mädchenschule in ihrem
ganzen Organismus derjenigen Anstalt möglichst anzugleichen, als
deren Parallele sie ursprünglich geschaffen wurde, nämlich der Knaben-
realschule bezw. Oberrealschule. Der erste praktische Versuch nach
dieser Richtung hin ist von der Stadt Mannheim in Baden gemacht
worden, die im Jahre 1901 ihrer höheren Mädchenschule von der
N) Ausführlich berichtet über die Entwicklung des Frauenstudiums das Handbuch
der Frauenbewegung Teil I. S. 88 ff. Teil III, S. 123 ff.