Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Geschichte des Mädchenbildungswesens in Deutschland. 303 
vierten Klasse ab eine Oberrealschul-Abteilung als Parallelanstalt an- 
zliederte. Eine ähnliche Richtung hat auch die Sektion für höhere 
and mittlere Mädchenschulen des Allgemeinen deutschen Lehrerinnen- 
vereins eingeschlagen. Sie hat den Plan einer Anstalt entworfen, die 
auf einem gemeinsamen Unterbau einen sechsstufigen realgymnasialen, 
und einen ebenfalls sechsstufigen der Oberrealschule etwa entsprechenden 
Kursus errichtet. Innerhalb dieses Kursus soll aber auch durch Unter- 
-icht in elementarer Pädagogik, Gesundheitslehre usw. den künftigen 
Aufgaben der Frau in Haus und Familie Rechnung getragen werden. 
Für die Umgestaltung der höheren Mädchenschule zu einer An- 
;talt, die auf das Universitätsstudium vorbereitet oder wenigstens denen 
lie Möglichkeit dazu gibt, die später einen wissenschaftlichen Beruf 
wählen wollen, hat sich jetzt auch, im Herbst 1903, der deutsche 
Verein für das höhere Mädchenschulwesen mit großer Majorität ent- 
schieden. 
In Baden hat man schließlich noch einen Weg der Lösung für 
Jie Mädchenbildungsfrage eingeschlagen, nämlich den der gemein- 
samen Erziehung der Geschlechter. Man hat in einer Reihe von 
Städten den Mädchen die Gymnasien und Öberrealschulen der Knaben 
sinfach erschlossen und bis jetzt damit unbestreitbar gute Erfolge er- 
zielt. Eine praktische Erwägung kommt in diesem Falle den prinzi- 
Jiellen Wünschen zu Hilfe: in kleinen Städten besteht schlechterdings 
ıicht die materielle Möglichkeit, zwei voll ausgestaltete höhere 
Schulen, die eine für Knaben und die andere für Mädchen, zu 
schaffen; ja die Knabengymnasien können ihrer geringen Frequenz 
wegen häufig nur mit großen Zuschüssen mühsam erhalten werden. 
{n solchen Fällen ergibt sich die Zulassung der Mädchen zu den 
bestehenden Knabenschulen als ein praktischer Ausweg. Tat- 
;ächlich hat man auch schon in Baden, Württemberg und Hessen in 
verschiedenen kleinen, nicht voll ausgestalteten Realschulen seit 
ängerer Zeit Knaben und Mädchen gemeinsam unterrichtet; meist 
ıehmen darin die Mädchen an dem fakultativen Lateinunterricht nicht 
teil. Seit kurzem aber besuchen Mädchen, wenn auch noch in geringer 
Zahl, einzelne Gymnasien, Oberrealschulen, Real-Lyzeen und Lyzeen 
nn Baden und Württemberg. 
Unter dem Einfluß all dieser neuen Bestrebungen wird nun 
n Preußen eine Ausgestaltung der höheren Mädchenschule von 
zeiten der Regierung in Aussicht genommen. Schon in der Sitzung 
vom 17. März 1902 hat der preußische Unterrichtsminister sich dahin 
zeäußert, daß dem höheren Unterrichte der Mädchen im Laufe der
	        
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