Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Geschichte des Mädchenbildungswesens in Deutschland. 307 
Städte ein ausgedehnteres gewerbliches Fortbildungsschulwesen. Was 
1ier nun immer noch die Verhältnisse für die Frau ungünstiger ge- 
staltete, als für ihre männlichen Berufskonkurrenten, das war der 
Umstand, daß alle diese Anstalten nicht vom Staate aus zu obliga- 
vorischen erklärt wurden, sodaß es in das freie Ermessen der ein- 
zelnen Mädchen oder vielmehr der einzelnen Eltern gestellt wurde, 
die dort gebotenen Gelegenheiten zu benutzen oder sich mit der 
alten unzulänglichen Ausrüstung zu begnügen. Bei der besonderen 
Gestaltung der Berufsfrage für die Frau war es nur zu natürlich, daß 
die Gelegenheit zu einer zeitraubenden und zum Teil kostspieligen 
Vorbildung von den meisten nicht gesucht wurde. 
Neben dieser Entwicklung des beruflichen und fachlichen Fort- 
bildungsschulwesens bestand aber die Notwendigkeit einer allgemeinen 
Fortbildung, die den Frauen aller Berufsklassen, der häuslichen und 
der gewerblichen, über die Volksschule hinaus gewährt werden 
konnte; inwieweit die Aufgaben einer solchen allgemeinen Fortbildung 
and einer beruflichen miteinander vereinigt werden konnten, ob die 
Aufgabe der Fortbildungsschule mehr nach der allgemeinen oder 
mehr nach der beruflichen Seite hin zu liegen habe, diese Fragen 
1aben die ganze Erörterung über das weibliche Fortbildungsschul- 
wesen während der letzten Jahrzehnte beherrscht. In einem Punkte 
aber sind sich Theoretiker ünd Praktiker einig, daß nur, im Falle 
Jie gesamte Fortbildung, sei es allgemeine, hauswirtschaftliche oder 
serufliche, obligatorisch werde, ein wirklicher Nutzen für die Massen 
des Volkes daraus zu erwarten sel. 
Mit der Frage der obligatorischen Fortbildungsschule hängt nun 
auch die Frage des hauswirtschaftlichen Unterrichts in gewisser Weise 
zusammen. Angesichts der Tatsachen, daß eine obligatorische Fort- 
bildungsschule noch nicht zu erreichen war, daß andererseits fakul- 
tative Kochkurse gerade von den Mädchen nicht benutzt wurden, 
für die hauswirtschaftliche Kenntnisse am allernötigsten gewesen 
wären, kam man zu der Forderung, den hauswirtschaftlichen Unter- 
-icht bereits in das Gebiet der eigentlichen obligatorischen Volks- 
schule hineinzuziehen. Ein erster Versuch damit ist in Preußen in 
Cassel durch den dortigen Frauenbildungsverein unter Leitung von 
Fräulein Auguste Förster und mit Unterstützung des dortigen Regie- 
rungsschulrates Osius gemacht worden; man hat den Mädchen der 
ersten Volkschulklassen, d. h. des 8. Schuljahres, einen hauswirt- 
schaftlichen, theoretischen und praktischen Unterricht in einer Schul- 
küche erteilt; die immerhin schwierige systematisch-pädagogische 
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