Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

308 
Nas Mädchenschulwesen. 
Gestaltung dieses Unterrichts ist hier zum ersten Male mit gutem 
Erfolge erprobt worden. Das preußische Unterrichtsministerium hat 
Jurch verschiedene Erlasse, vom 9. März 1894, vom 10. Februar 1895, 
seine Stellung zu der ganzen Frage angedeutet. Seiner Auffassung 
aach gehört der hauswirtschaftliche Unterricht allerdings in eine obli- 
gatorische Fortbildungsschule, aber es wird bei dem gegenwärtigen 
Stand der Dinge trotz dieses prinzipiellen Standpunktes die KEin- 
führung des hauswirtschaftlichen Unterrichts in die erste Klasse der 
Volksmädchenschule genehmigt unter der Bedingung, daß die andern 
Unterrichtsfächer dadurch keine Verkürzung erlitten. Danach also 
sedeutete die Einführung des hauswirtschaftlichen und Kochunter- 
-ichts allerdings eine nicht unerhebliche Mehrbelastung der Mädchen, 
die so wie so schon durch den Handarbeitsunterricht inbezug auf die 
Unterrichtszeit zuweilen stärker in Anspruch genommen waren als die 
Knaben. Der hauswirtschaftliche und Kochunterricht ist in den- 
‚enigen Staaten, die keine obligatorische Fortbildungsschule haben, in 
Preußen, Sachsen, Anhalt, denn auch, besonders in großen Städten, 
in die Volksschule mehr und mehr eingeführt worden. Damit stellte 
sich die. Notwendigkeit heraus, die Lehrerinnen in bestimmter Weise 
ür diesen neuen Unterrichtszweig auszubilden. Mit dieser Ausbildung 
begann man von privater Seite im Pestalozzi-Fröbelhaus zu Berlin, 
zwei Jahre später in Cassel und an verschiedenen anderen Orten. 
Im Jahre 1902 war die Entwicklung des ganzen hauswirtschaftlichen 
Unterrichtswesens in Preußen soweit gediehen, daß man nun eine 
Prüfungsordnung für Lehrerinnen der Hauswirtschaft aufstellen konnte. 
‘Die Hauptbestimmungen dieser Prüfungsordnung siehe im IL Abschnitt.) 
In Württemberg und in Baden ist im Anschluß an die alten 
Traditionen die Fortbildungsschule auch für Mädchen obligatorisch 
yemacht worden. Über die Art des Unterrichts im einzelnen wird 
im zweiten Abschnitte dieser Darstellung berichtet werden. InBaden hat 
man die Frage des hauswirtschaftlichen Unterrichts mit der der Fort- 
bildungsschule insofern gemeinsam gelöst, als die Fortbildungsschulen 
für Mädchen seit dem Jahre 1891 als eigentliche hauswirtschaft- 
iche Schulen geführt werden dürfen, eine Umgestaltung, die auch 
aahezu überall durchgeführt ist. Dadurch, daß mit der Unter- 
weisung im praktischen Kochen theoretischer Unterricht in der 
Nahrungsmittellehre sowie in jeder Art häuslicher Buchführung und 
Korrespondenz erteilt wird, erfüllt diese Schule gleichzeitig ihren be- 
sonderen praktischen wie ihren allgemeinen theoretischen Zweck. In 
Württemberg hat man jedoch an den allgemeinen Aufgaben der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.