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Das Mädchenschulwesen.
Fächern und die Handhabung des Unterrichts den preußischen Ver-
hältnissen entspricht. Die zehnstufige staatliche „Ernestinenschule“
umfaßte im Jahre 1902/1903 19 Klassen einschließlich des Lehrerinnen-
seminars und 483 Schülerinnen; diese wurden von 22 vollbeschäf-
tigten und 7 teilweise beschäftigten Lehrkräften unterrichtet, und zwar
von 5 akademisch gebildeten Lehrern (3 vollbeschäftigten, 2 teilweise
beschäftigten), 7 seminaristisch gebildeten Lehrern (2 vollbeschäftigten,
5 teilweise beschäftigten), 17 vollbeschäftigten Lehrerinnen (9 wissen-
schaftlichen, 3 seminaristischen, 5 technischen). Daneben bestehen
drei private höhere Mädchenschulen mit einer Schülerinnenzahl von
etwa 400.
b) Die Lehrerinnenbildung.
Seit Ostern 1902 ist mit der staatlichen höheren Mädchenschule
sin Lehrerinnenseminar verbunden, das im Schuljahr 1902/1903 26
Schülerinnen zählte; ein früher bestehendes privates Lehrerinnen-
seminar ist Ostern 1903 aufgegeben worden. Die Vorbildung für
den Unterricht an Volksschulen wird in einer besonderen Lehrerinnen-
bildungsanstalt erteilt. Hier werden die aus der Mittelschule ent-
lassenen Schülerinnen zwei Jahre in Religion, Geschichte der Päda-
zogik, Methodik aller Unterrichtsfächer, Deutsch, Geschichte, Geo-
graphie, Naturwissenschaften, Rechnen, Zeichnen, Gesang und Geigen-
spiel unterrichtet; in der ersten Abteilung außerdem noch in Unter-
:ichts- und Erziehungslehre und Literaturgeschichte, in der zweiten
in Handarbeit. Im Schuljahr 1901/1902 wurde die erste Abteilung
von 32, die zweite von 23 Schülerinnen besucht.
Eine Prüfungsordnung für Lehrerinnen und Schulvorsteherinnen
ist in Lübeck am 15. Februar 1895 erlassen. Die Prüfung ist ganz
nach dem Muster der preußischen Lehrerinnenprüfung eingerichtet,
d. h. sie findet für Volksschulen, mittlere und höhere Mädchenschulen
gemeinsam statt. Besondere Fachprüfungen für Zeichenlehrerinnen,
Handarbeitslehrerinnen . und Turnlehrerinnen sind gleichfalls in den
Jahren 1895 und 1896 erlassen worden. Die Schulvorsteherinnen-
Prüfung ist genau die gleiche wie in Preußen. Lübeck hat auch die
preußische Bestimmung übernommen, daß die Befähigung zur Leitung
einer höheren Mädchenschule, außer durch die Lehrerinnen- und
Schulvorsteherinnen - Prüfung, durch die wissenschaftliche Ober-
‚ehrerinnen-Prüfung erworben werden muß. Diese Prüfung wird
nach einer Abmachung zwischen den beiden Staaten in Preußen ab-
gelegt.