Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

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Die Schulziele, 
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deutung erhoben werden. Jede Lehrstunde hatte in dem doppelten 
Sinne eine deutsche zu werden, daß sie einen Beitrag lieferte zur 
Pflege der Muttersprache und zum Verständnis der deutschen 
Gegenwart, 
Die preußischen Lehrpläne von 1882, welche die von 1856 
ersetzten, taten einen guten Schritt vorwärts in der Neuanpassung der 
höheren Schule an die veränderten Zeitansprüche, trugen aueh zur 
Herstellung einer größeren Übereinstimmung der Lehrverfassung unter 
den deutschen Bundesstaaten und auch mit Österreich ein erhebliches 
Teil bei, befriedigten aber doch noch nicht, sondern erhöhten viel- 
mehr den Drang nach einer weitergreifenden Reform. 
Zu einer Neugestaltung der Lehrpläne in allen vier deutschen 
Königreichen und den meisten anderen Bundesstaaten kam es, als 
Kaiser Wilhelm II. sich selbst 1890 an die Spitze der Bewegung 
stellte, die Dezemberkonferenz in Berlin um sich versammelte und 
in seiner Eröffnungsrede die leitenden Gesichtspunkte für die Reform 
ın markigen Worten zusammenfaßte. 
Daß der Kaiser mit seiner Bezeichnung der Ziele dem gemein- 
samen Reformbedürfnis der höheren Schule in ganz Deutschland Aus- 
druck geliehen hatte, bekundete sich in der wesentlichen Überein- 
stimmung der Veränderungen, welche die in Unabhängigkeit von 
ainander in den verschiedenen deutschen Staaten während der ersten 
Hälfte der neunziger Jahre erlassenen neuen Lehrpläne aufwiesen. 
Überall verminderte sich die Stundenzahl der alten Sprachen, ins- 
besondere auf Kosten des Lateinischen, und erhöhte sich die für das 
Deutsche. Die Einführung in die Geisteswelt der fremden Völker 
durch die Lektüre ihrer Schriftsteller wird dem Sprachunterricht mit 
verstärktem Nachdruck zur Hauptaufgabe gemacht. Die Geschmacks-, 
Gemüts- und Charakterbildung soll neben der des Verstandes voll zu 
ihrem Rechte kommen. Der Gesundheitspflege und den Leibes- 
übungen wird vermehrte Beachtung zugewandt. 
Außerhalb Preußens hat es, von einigen seiner kleineren Nach- 
barn abgesehen, bei diesen Lehrplänen aus dem Anfang der 
neunziger Jahre bisher sein Bewenden behalten. 
In Preußen bedeutete das Neue in der Lehrverfassung von 1892 
eine größere Abweichung von dem überkommenen Zustand, als es 
bei den anderen neuen Lehrplänen in Deutschland der Fall war. 
Das Alte‘ hatte scharfe Einschnitte erfahren, ohne daß doch das 
Reformprogramm zur Durchführung gekommen wäre. So erhob sich 
auf beiden Seiten, der der Reformfreunde und ihrer Gegner, scharfer
	        
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