Full text: Die höheren Lehranstalten und das Mädchenschulwesen im Deutschen Reich (2. Band)

2 
Grundzüge der Verfassung des höheren Schulwesens in Deutschland. 
(] 
Die den höheren Schulen Deutschlands gesteckten Ziele sind 
am bestimmtesten aus den Anforderungen zu erkennen, die in den 
Prüfungen am Schluß des vollständigen Lehrganges gestellt werden. 
Auf Grund einer Vereinbarung zwischen den deutschen 
Bundesstaaten von 1874 sind allgemeine Bestimmungen über die 
zegenseitige Anerkennung der Gymnasial-Reifezeugnisse getroffen 
worden. „Die gesamte Kursusdauer des vollständigen Gymnasiums 
beträgt mindestens neun Jahre. Die Aufnahme in die unterste Klasse 
erfolgt dabei in der Regel nicht vor dem vollendeten neunten Lebens- 
jahre. — Gegenstände der Maturitätsprüfung sind auf allen Gymnasien 
die deutsche, lateinische, griechische, französische Sprache, Mathe- 
matik und Geschichte. Die übrigen Lehrgegenstände sind nicht not- 
wendig auch Gegenstände der Prüfung. -— Schriftliche Klausurarbeiten 
sind überall ein deutscher Aufsatz, eine lateinische Arbeit (Aufsatz 
der Extemporale oder beides) und die Lösung mathematischer Auf- 
yaben. Darüber hinaus auch eine Übersetzung ins Deutsche, Griechische, 
Französische u. a. zu verlangen, bleibt der Anordnung jedes Staates 
überlassen. — Als Maßstab für die Erteilung des Zeugnisses der 
Reife gelten im allgemeinen diejenigen Anforderungen, welche das 
preußische Prüfungsreglement dafür aufstellt. Dabei ist ausnahms- 
weise die Kompensation zulässig, nach welcher das Zurückbleiben in 
einem Gegenstand durch desto befriedigendere Leistungen in einem 
anderen gedeckt wird. Eine solche Ausgleichung ist namentlich in 
dem gegenseitigen Verhältnis der Mathematik zu den alten Sprachen 
anwendbar. In dem Gegenstand, für welchen die Kompensation 
zugelassen wird, dürfen jedoch die Leistungen keinesfalls unter das Maß 
herabgehen, welches für die Versetzung nach Prima erfordert wird.“ 
Diesem Übereinkommen schloß sich 1889 ein anderes an, das die 
gegenseitige Anerkennung der Reifezeugnisse auf die Realgymnasien 
ausdehnte. Man nahm hierfür, den allgemeinen Grundsatz an, daß 
die Geltung der Zeugnisse in jedem anderen Bundesstaate derjenigen 
yleich sein sollte, welche sie in ihrem Heimatsstaate besitzen. 
Die gegenwärtige Ordnung der Reifeprüfung an den neun- 
stufigen höheren Schulen (Gymnasien, Realgymnasien und Oberreal- 
schulen) in Preußen ist 1901 erlassen und Ostern 1903 in Kraft 
getreten. Es ist zum erstenmal eine für diese drei Schularten ge- 
meinsame Prüfungsordnung; die erforderlichen Sonderbestimmungen 
reiht sie an den betreffenden Stellen ein.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.