50 Grundzüge der Verfassung des höheren Schulwesens in Deutschland. ;
Wer im Deutschen sowohl bei der schriftlichen Prüfung wie im
Jahresfortgange die Note „Ungenügend‘“ erhalten hat, ist von der
mündlichen Prüfung auszuschließen, ebenso derjenige, welcher im
Deutschen und in drei anderen Fächern bei der schriftlichen Prüfung
die Note „Ungenügend‘“ erhalten hat. Hingegen kann unter Zu-
stimmung des Prüfungskommissars die mündliche Prüfung denjenigen
Schülern der Oberklasse erlassen werden, bei welchen sowohl in der
schriftlichen Prüfung als im Jahresfortgange die Leistung in keinem
Gegenstande mit „Ungenügend“ bezeichnet worden ist und das
arithmetische Mittel aus den Durchschnittsnoten der schriftlichen
Prüfung und des Jahresfortganges nicht mehr als 2,59 beträgt.
Die mündliche Prüfung erstreckt sich
a) am Gymnasium auf: Übersetzung und z. T. Erklärung von
behandelten oder nicht behandelten Stellen aus lateinischen, griechischen,
französischen Schriftstellern; Fragen bezüglich einer übersichtlichen
Kenntnis der hauptsächlichsten Tatsachen der allgemeinen Welt-
geschichte und einer genaueren Kenntnis der deutschen und
bayerischen Geschichte; Fragen und Lösung von Aufgaben aus der
Algebra, Planimetrie, Stereometrie, Trigonometrie;
b) am Realgymnasium auf: die lehrplanmäßigen Fremdsprachen,
Geschichte, Mathematik, Naturwissenschaft.
Jedem Kommissionsmitgliede steht es frei, einzelne Fragen an
die Prüflinge zu richten.
Das Reifezeugnis ist demjenigen zu verweigern, welcher in zwei
Gegenständen nicht genügt hat, sowie demjenigen, bei welchem sich
auch nur in Einem Gegenstande ungenügende und in keinem anderen
bessere als genügende Leistungen ergeben haben.
Das Urteil über die Reife wird bloß durch die Prädikate der
‚Befähigung‘“ oder „Nichtbefähigung‘“ für den Übertritt an eine Hoch-
schule ausgedrückt.
Die Prüfung kann nur einmal und erst nach Jahresfrist wieder-
aolt werden.
Eine Vergleichung der Prüfungsvorschriften in den
zier deutschen Königreichen auf die Hauptpunkte hin liefert
ıachstehendes Ergebnis.
Preußen allein nimmt in die Prüfungskommission keine anderen
Mitglieder des Lehrerkollegiums auf, als die in der Oberprima unter-
richtenden. Württemberg eigentümlich ist die Bildung von Gruppen
aus der Kommission für die mündliche Prüfung.