Snvalidenverficherung. 327
läutern. Dies hat auch dann zu geſchehen, wenn eine höhere Verſicherung aus beſonderen
Gründen ausdrücflih vereinbart worden iſt.
8. Das Verfahren bei Feſtſtellung der Rente iſt anderweit geregelt worden. Die
Einrichtung der Bertrauensmänner it fortgefallen, ebenſo unterbleibt ferner die An-
hörung der Krankenkaſſen. i
Zur Entſcheidung über den Rentenanſpruch ift fortan diejenige Verſicherungs-
anſtalt berufen, welche für den Bezirk der unteren Verwaltungsbehörde — in Städten
mit mehr als 10000 Einwohnern „die Gemeindebehörde“, im übrigen „der Landrat” —
bezw. der Nentenitelle, bei welcher die Anmeldung des Anfpruchs zu erfolgen hat, zu:
ſtändig iſt ($ 112).
9. Die neue Vorſchrift ($ 130), wonach das Reichs-Verſicherungsamt die Zeitab-
ſchnitte zu beſtimmen hat, für welche die Verficherungsmarfen auszugeben ſind, iſt in
der Bekanntmachung des Reichs-Verſicherungs8amt2 vom 27. Dftbr. 1899, betreffend Die
für Die Juvalidenverficherung zu verwendenden Beitragsmarfen (Reichs- und Staats-
Anzeiger Nr. 269 vom 13. Novbr. 1899) näher ausgeführt. Danach werden fortan in
jeder der fünf Lohnklafjfen Marken für eine Woche, für zwei Wochen und für 13 Wochen
(leßtere in der Regel zur Beitragsleiſtung für ein Vierteljahr ausreichend) ausgegeben.
Die bisherigen einfachen Beitragsmarfen bleiben weiter verwendbar. Wegen des Weg:
fall3 der bisherigen mit Zulagmarfen verbundenen Beitragsmarken (Doppelmarfen) der
Lohnklaſſe IT wird auf die beſondere Bekanntmachung des Reichs-Verſicherungsamts vom
27. Oftbr. 1899 (Reichs- und Staats-Anzeiger Nr. 269 vom 13. Novbr. 1899) verwieſen.
10. Zur Beſchaffung der Quittungskarte iſt fortan lediglich der Verſicherte ver-
pflichtet und der Arbeitgeber nur berechtigt, falls der Verſicherte mit einer Karte nicht
verſehen iſt oder deren Vorlegung ablehnt ($ 131).
11. Hinſichtlich der Einrichtung der neuen Quittungskarten wird auf die Bekannt-
machung des Herrn Reichskanzlers vom 10. Novbr. 1899 (M. ©. Bl. ©. 667 ff.) verwieſen.
63 werden Quittungstarten für die Verficherungspflicht in gelber Farbe und für die
Selbſtverſicherung in grauer Farbe ausgegeben.
Die am Schluſſe des Jahres 1899 in Benußgung befindlichen Quittungsfarten
dürfen nach dem 1. Jan. 1900, und zwar auch für die Gelbitverficherung und Deren
Fortjegung, innerhalb zweier Jahre nach dem Tage ihrer Ausjtellung (8 135 Ab. 1) zur
Beitragsentrichtung noch verwendet werden.
Onittungsfarten alten Mufters dürfen nach dem 1. San. 1900 nicht mehr aus-
gegeben werden.
12. Die Ausſtellung und der Umtauſch der Quittungskarten ($ 134) ſowie die Gr-
jegung verlorener, unbrauchbar gewordener oder zeritdrter Duittungsfarten Durch neue
($ 186) erfolgt durch die Drtspolizeibehörde. Soferu für die Verwaltung der Orts-
polizei beſondere örtliche Bezirke (Polizeireviere) beſtehen, ſind die Vorſtände dieſer Be-
zirke zur Ausſtellung uſw. der Ouittungskarten für die in ihren Bezirken beſchäftigten
oder wohnenden Verſicherten verpflichtet.
(Siehe Bekanntmachung des Min. d. Fnnern und des Min. f. Handel u. Gewerbe
vom 26. Auguſt 1899, betr. die Ausführung des Snvalidenverficherungsgejeges —
Min. BI. f. d. i. VBerm. 1899 ©. 165ff. —)
13. Falls der Verſicherte während der Beitragswoche bei mehreren Arbeitgebern*)
nacheinander beſchäftigt iſt, ſo liegt Die Entrichtung des Verficherungsbeitrages dem:
jenigen Urbeitgeber ob, welcher thn zuerſt beſchäftigt. Unterläßt es dieſer, den für Die
Beitragswoche fälligen Verſicherungsbeitrag zu entrichten, ſo iſt hierzu fortan derjenige
Arbeitgeber verpflichtet, welcher den Verſicherten weiterhin beſchäftigt, doch ſteht ihm
gegen den zunächſt Verpflichteten der Anſpruch auf Erſatz zu ($ 140 Abf. 2). Nach den
bisherigen Beſtimmungen konnten die Arbeitgeber, welche den Verſicherten in derſelben
Woche hinter dem erſten Arbeitgeber befchäftigten, zur Beitragsleiſtung nicht heran-
gezogen werden. Der Verweiſung des Verſicherten auf den „erſten“ Arbeitgeber wird
alſo durch die Abänderung ein Riegel vorgeſchoben.
14. Marken für einen zwei Wochen überſteigenden Zeitraum müſſen entwertet
werden ($ 141 Abſ. 3). Jm übrigen wird auf die Bekanntmachung des Herrn Reichs-
fanzlers vom 9. Novbr. 1899 (R. G. Bl. S. 665 #.), betreſſend die Entwertung und Ber-
nichtung der Marken bei der JInvalidenverſicherung, verwieſen.**)
*) Soweit die Beſchäftigung bei anderen Arbeitgebern in unſelbſtändigen Stellungen gegen Lohn uſw. nicht
etwa als vorübergehende Dienſtleiſtung im? Sinne der Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 27. Dezbr. 1899 und
deshalb als von der Verſicherungspflicht befreit anzuſehen iſt, müſſen die Perſonen für die geſamte Tätigkeit in den be-
zeichneten Stellungen verſichert werden. Die für die Höhe der Verſicherungsbeiträge maßgebende Lohnklaſſe ($ 34 des
Jnvalidenverſicherungsgeſ. v. 13. Juli 1899) beſtimmt ſi<h nach der Summe der Einnahmen aus den verſchiedenen ver-
ſicherungspflichtigen Stellungen. Nach $ 140 Abſ. 3 des Geſ. haften die Arbeitgeber als Geſamtſchuldner für die vollen
Wochenbeiträge; jedoch haben auch in diefen Fällen die Verſicherten die Hälfte der Beiträge zu erſtatten. Ueber die
Teilung der anderen auf die Geſamtheit der Arbeitgeber entfallenden Hälfte der Beiträge muß zwiſchen dieſen eine Ver-
ſtändigung dahin eintreten, daß die Arbeitgeber ihre Beitragshälfte anteilweife nach dem Verhältniſſe der gezahlten
Löhne uſw. tragen. (Vergl. die Verf. des Reichs-Poſtamts v. 9. Dezbr. 1901 — Amitsbl. d. R. P. A. S. 464 —).
**) Siehe die 2. Fußn. auf ©. 324,