Full text: Deutsche Baumeister

darin hatten sich die Verhältnisse grundsätzlich gewandelt. Es war 
freilich unmerklich geschehen. Wie unter den geistlichen Baumeistern 
des romanischen Stils bereits bürgerliche Professionisten gewesen 
waren, so gab es jetzt unter den bürgerlichen Baumeistern der Gotik 
hin und wieder noch Geistliche. Eben dieses beweist jedoch, daß 
sich das Schwergewicht verlagert hatte. In den Städten waren die 
Zünfte mächtig geworden; die in Bauhütten, Baulogen oder Stein- 
metzhütten sich vereinigenden Baumeister aber bildeten ebenfalls 
eine Zunft. 
Die Handwerkszünfte entstanden mit innerer Notwendigkeit, als 
die Zeit von der agrarischen Wirtschaftsform zu gewerblichen Er- 
werbsformen überging und die handwerkliche Arbeit sich ganz oder 
zum größten Teil vom Hofrecht, vom herrschaftlichen Hofdienst, 
das heißt von den Formen einer bedingten Hörigkeit befreite. Die 
Entstehungszeit der Zünfte liegt zwischen 1150 und 1250. Ihr Zweck 
war, den Handwerkerstand in die neuen ständischen und städtischen 
Organisationsformen einzufügen, ihm die Macht zu verschaffen, sich 
zu behaupten, vor allem gegenüber dem Patriziat, und am Staats- 
{eben teilzunehmen; im Prinzip der Zünfte lag es, sich einem stren- 
gen Zwang zu unterwerfen, um selbst Zwang ausüben zu können, 
um die Konkurrenz zu regeln, gute Arbeit und Standesehre zu för- 
dern, Arbeitspolitik zu treiben und den regen Erwerbstrieb nicht 
nur in den Dienst wirtschaftlicher, sondern auch sittlicher Ziele zu 
stellen. 
Solche Grundsätze waren besonders beherzigenswert für die Zunft 
der Baumeister, weil diese in erster Linie dem Kirchenbau verpflich- 
tet war, die Arbeit darum als Dienst am göttlichen Werk auffaßte, 
ınd unter den Zünften einen Vorrang einnahm. Der Unterschied 
zwischen den Brüderschaften der Baumeister und denen der ande- 
ren Handwerker war so groß, daß die Bauhütten nicht eigentlich 
den Zünften zugezählt wurden. Bauhütten waren, materiell ge- 
sprochen, die Gebäude, die zuerst auf dem Bauplatz einer Kirche 
errichtet wurden, um den Baumeistern und Werkarbeitern Unter- 
kunfts- und Arbeitsräume zu schaffen. Das Wort ist dann in einem 
übertragenen Sinne benutzt worden, so daß es nicht nur den In- 
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