im Rittersaal zum Beispiel, dem die Gruppen der Weltteile über den
Türen das Gepräge geben, obwohl die überhäuften Schmuckmotive
die Panoptikumwirkung streifen; selbst diese nicht durchaus sym-
pathische, zur Formlosigkeit, zur Geschmacklosigkeit neigende Form
behält in ihrer drohenden Kraft etwas Elementares, das Übermäßige
mutet nicht wie Schwulst an, sondern wie eine Temperamentsent-
ladung.
Als Schlüter es unternahm, den alten Münzturm dem SchloBß-
bau anzugliedern, ihn zu erhöhen und barock zu umkleiden —
Zeichnungen von eigenartigem Reiz, die schulbildend wurden, sind
uns erhalten —, zeigte es sich, daß das Autodidaktentum des Bau-
meisters zwar des Künstlerischen Herr geworden war, nicht aber im
selben Maße des Ingenieurhaften, Da der Beneidete keine gutwilli-
gen Helfer fand und auch kaum finden konnte, weil das technische
Vermögen der Berliner Baumeister und Handwerker noch gering
war, und da er mit einem gefährlichen Baugrund zu tun hatte — der
um 1900 beim Museumsbau entdeckte berüchtigte „Kolk‘“ hat es
erneut bewiesen —, konnte er nicht verhindern, daß sich Risse
zeigten, die dazu zwangen, den Münzturm abzutragen. Jetzt kamen
die Feinde zu Wort, Schlüter fiel in Ungnade und stürzte von einer
selbstgeschaffenen Höhe ins Nichts hinab. Nach einer nur zwölfjäh-
rigen Tätigkeit, in der er sich als ein großer Meister erwiesen und
der Berliner Baukunst erst ein Niveau geschaffen hatte. Ein paar
Jahre kümmerte Schlüter noch in Berlin dahin, dann wurde er von
Peter dem Großen nach St. Petersburg berufen, starb dort aber
schon nach einem Jahre (1714) in Groll und Enttäuschung, man
darf sagen: gebrochenen Herzens, nachdem er einsam in seiner
Werkstatt gesessen und mit Versuchen, das Perpetuum mobile zu
erfinden, die Zeit getötet hatte.
Unter den deutschen Barockbaumeistern erscheint Schlüter am
mutigsten, souveränsten und männlichsten. Darum verdunkelt er
auch mehr als billig das Talent Johann Friedrich Eosanders
von Goethe, des in Riga geborenen Schweden, der am preußischen
Hof ein wohlgelittener Hofmann war und an dessen Wirken als Bau-
meister gedacht wird angesichts des Westportals, das er —- im Verein
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