ters. Wenn dort Musik Mozarts erklingt, ist die Illusion barocker
Lebenskultur vollkommen. Dieser Theaterraum weist hinüber zu
dem fast ebenso schönen Theater, das Giuseppe und Carlo Bi-
biena — die als Theaterbaumeister europäischen Ruf hatten — in
der Fürstenstadt Bayreuth erbaut haben, wo Wilhelmine, die Schwe-
ster Friedrichs des Großen, den Ton angab und wo die reizvollen
Bauten der Eremitage zur gleichen Zeit entstanden sind. Die beiden
Beispiele geben eine Vorstellung von vielen ähnlichen Hoftheatern,
die später dem Feuer zum Opfer gefallen sind. Unterstützt wird die
Vorstellung durch wertvolle Stichwerke, die Cuvillie&s und Bibiena
hinterlassen haben.
Was, neben den städtischen, die ländlichen Barockbaumeister in
Bayern geschaffen haben, ist so mannigfaltig, daß ein Leben dazu
gehört, alles genau kennenzulernen, das heißt alle Beispiele zu er-
wandern. Der Heutige muß gegenüber dieser Fülle von künstlerisch-
handwerklicher Begabung verstummen, weil die F ähigkeiten, die
einst das Gesamtkunstwerk des Barocks in dieser volkstümlichen
Spielart hervorgebracht haben, ganz verlorengegangen sind. Er
blickt auf dieses fromm-weltliche Architekturspiel des achtzehnten
Jahrhunderts, wie auf ein Märchen.
BALTHASAR NEUMANN
Dieser große Baumeister unterscheidet sich wieder persönlich
stark von seinen Stilgenossen. Künstler sind sie alle in erster Linie ;
doch sind sie es in verschiedenen Mischungen. Schlüter war so sehr
Künstler, daß in seinem Talent der Ingenieur zu kurz kam. In Pöp-
pelmanns tänzerischer Begabung überwog der zweckbefreite Deko-
vateur. Fischer von Erlach betonte seine archäologischen Interessen,
er war unter den Baumeistern der Zeit der gelehrte Herr. Die Brü-
der Asam waren genial gewordene Handwerker. Knobelsdorff war
ein Kavalier der Baukunst, der den vornehmen Amateur nicht ver-
leugnete. Demgegenüber betonte Balthasar Neumann in seinem Ta-
ient das Ingenieurhafte: er war der große Konstrukteur. Versteht
sich, in den Grenzen des rein Künstlerischen. Neumann war von
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