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Anderseits liegen die Unterschiede zwischen Barock und Klassi-
zismus klar zutage. Der Barock hatte lebendig plastisch empfunden,
seine Bildungen stehen da, schwellend im Raum. Der Übergang
zum Klassizismus war zunächst unmerklich. Je programmatischer
dann aber unterschieden wurde, je archäologischer die Antike ver-
standen, je wissenschaftlich exakter sie übertragen wurde, um So
mehr ging die Anschauung der Künstler zum geometrisch Zeich-
nerischen über. Ein Barockbauwerk hat Körperhaftigkeit, eine klas-
sizistische Architektur hat vier sauber detaillierte Fassaden, die zwar
Raum einschließen, jedoch nicht räumliche Vorstellungen elemen-
tarer Art freimachen. Damit ist genau der Punkt bezeichnet, wo
Baukunst sich in Architektur verwandelt, wo das Entscheidende
nicht länger auf dem Bauplatz vor sich geht, sondern im Atelier.
Immer noch wird ein Gesamtkunstwerk gewollt, in dem die Archi-
tektur die Künste der Malerei und Skulptur sich zu Diensten zwingt;
doch ist es nicht länger das Gesamtkunstwerk eines vitalen Willens,
sondern das Produkt von Vollkommenheitsvorstellungen, von Kul-
turabstraktionen. Pate ist die Idee und ein heftig davon abgeleiteter
Idealismus. Das Bauen ist fortan nicht mehr ein Müssen aus innerer
Notwendigkeit, sondern ein Wollen, das seine Vorbilder frei, das
heißt willkürlich wählt. So erklärt es sich, daß der deutsche Klassi-
zismus nicht auf den romanischen Stil zurückgriff, sondern auf den
griechischen, nicht auf das Eigene, sondern auf das Fremde. Daß die
ganze Bewegung mehr literarisch gedacht als künstlerisch empfun-
den war, geht aus einer charakteristischen Tatsache hervor: die Füh-
rer, die Wortführer waren nicht Baumeister, Maler oder Bildhauer,
sondern Gelehrte wie Winckelmann;, Kritiker wie Lessing, Dichter
wie Goethe. Hinzu kam, daß diese als Kulturträger — nicht als
Dichter — theoretisch denkenden Führer gar nicht in der Lage wa-
ren, das Griechische an den Quellen zu studieren; sie setzten in vlie-
len Fällen das Römische unbedenklich dem Griechischen gleich.
Was ungefähr dem gleichkommt, als wollten spätere Geschlechter
die große europäische Malerei in Amerika studieren und wiederent-
decken. Auch zwischen Original und Kopie; zwischen antiken Früh-
werken und Spätwerken konnten die Theoretiker unmöglich schon
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