Full text: Deutsche Baumeister

gebildeten Krypta erhöht angelegten und bis ins Querschiff vorge- 
schobenen Chorbühne. Diesem Westchor würde im Ostchor ein 
mächtiges dreiteiliges, schon gotisches Spitzbogenfenster, eine Zierde 
der Fassade, aufs schönste antworten, wenn es nicht durch einen 
hohen goldenen Barockaltar völlig verstellt wäre. Der Gesamtein- 
druck im Innern ist der einer taktvollen Kühnheit. Es ist als hätte 
die klare Form der nahe gelegenen, vom Bischof Meinwerk angeleg- 
ten Bartholomäuskapelle nachgewirkt. Bewunderungswürdig phan- 
tasievoll ist der Bauplatz über den Quellen der Pader gewählt und 
gestaltet worden: viele Gebäude und Gebäudegruppen stoßen in 
verwirrenden Winkeln aneinander, und doch löst sich alles über- 
sichtlich mit großen Formen auf. Der Dom in Münster endlich 
krönt die reiche westfälische Romanik. Er ist im Übergangsstil er- 
baut, die Wände im Innern muten schon aufgelöst an, die Formen 
lassen Anregungen aus dem Westen vermuten, wie sie ja zu jeder 
Zeit bis nach Westfalen gedrungen sind. Auch dieses Bauwerk wurzelt 
im westfälischen Boden; doch stellt es sich zugleich großen Sinnes 
in die Reihe jener monumentalen Dome, die unwillkürlich mit der 
Macht des Kaisertums in Verbindung gebracht werden. Im Raum- 
gefühl ist dieses Werk einzig. In keinem der berühmten romani- 
schen Dome Deutschlands ist eine solche Größe und Weite, ein 
solches Pathos der Verhältnisse, ein so malerisches Leben der Raum- 
gruppierung. Die Wirkung nähert sich dem Absoluten und hat 
etwas Magisches. Sogar die moderne, bräunlich trübe Malerei, 
die Pfeiler und Gewölbe gleichmäßig überzieht, kann den Eindruck 
nicht wesentlich stören. Der Erbauer muß ein Mann von Genie ge- 
wesen sein, er hat wie für ein Weltreich gebaut, seine weitgespann- 
ten Gewölbe lassen entfernt an römische "Thermen denken, er hat 
das Erhabene empfunden und läßt es mitempfinden. Unbeschreib- 
lich ist das Leben des nebeligen Lichtes und der durchsichtigen 
Schatten im Hauptschiff, in den Querschiffen, im Chor und im 
Chorumgang. In der Außenarchitektur gehen die Formen der Jahr- 
zehnte uneinheitlicher durcheinander; doch beherrschen die bei- 
den fest gegliederten Westtürme eindrucksvoll die hinter den hohen 
Bäumen des Domplatzes mächtig daliegende Baumasse. 
4 Scheffler, Deutsche Baumeister, 
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