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den das Wissen des Betrachters um die Neuheit der Bauteile im Lang-
schiff. Es wird nicht ganz die freie Größe der Raumgestaltung im
Dom von Münster erreicht; doch sind die Verhältnisse von Höhe,
Breite und Tiefe im Hauptschiff und mehr noch in den Seitenschif-
fen zwingend gegriffen. Aufs höchste eindrucksvoll ist die Raum-
gestaltung des um vier Meter erhöhten und wirkungsvoll aufgetrepp-
ten Querschiffes und die Anlage des noch weiter erhöhten Chors.
Unter der mächtigen Chorbühne liegt eine der größten und schön-
sten Unterkirchen, die in Deutschland angetroffen werden. Sie steht
unmittelbar in Verbindung mit der Kaisergruft, über die sich hoch
eine Kuppel wölbt, die der Basilikaanlage auch hier ein Motiv des
Zentralbaus hinzufügt. Die Wirkung ist freilich szenisch, in keiner
Weise aber äußerlich theatralisch. Sehr stark tritt das ritterliche Ele-
ment der Romanik hervor; das Wort Kaiserdom drückt den Tat-
bestand aus. Bischof Benno von Osnabrück hat —siebzigjährig —
im Jahre 1082 den Bau übernommen; Otto von Bamberg hat ihn
von 1097 ab fortgesetzt. Doch war der Kaiser selbst stark beteiligt.
Angesichts der Außenarchitektur wird verständlich, warum ein
alter Biograph diesen Dom den Großtaten Heinrichs des Vierren
zugerechnet hat. Ein Höchstes ist erreicht; das Bauwerk erscheint
wie ein Lebewesen. Prachtvoll ist der in seinen riesigen Abmes-
sungen ruhevoll feierliche Außenbau gegliedert; er wird akzentu-
jert von sechs Türmen — zwei Vierungstürmen und je zwei vierek-
kigen Flankentürmen. Er ist wie ein Schulbeispiel der reifen Roma-
nik. Wie ein einsames Wunder liegt er da, inmitten eines zu dicht
bepflanzten Domhofes, in einer vom Leben abseits gedrängten, pro-
vinziell wirkenden Stadt. Kein anderer Dom kommt dem Idealbild
des Kaiserdoms so nahe wie dieser, ja, er erschafft das Ideal. Er mu-
tet so neben dem Rheinstrom, der einst ganz nahe vorbeifloß, sym-
bolisch an: ein Denkmal der größten Zeit deutscher Geschichte. Der
Überschwang des Plans und der Ausführung wirkt wie höchste Ver-
nunft; eben darum steht der moderne Ideologe wie vor einer ihm
verschlossenen Welt, staunend und die eigene Unzulänglichkeit tra-
zisch empfindend.
Diesem Bauwerk verwandt ist die dreischiffige Dombasilika in
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