Full text: Deutsche Baumeister als Beauftragte ihrer Zeit

kungsgesetz bis. zum letzten zu erfüllen. Wo die Malerei in dieser Weise 
arbeitet und blüht, da herrscht stets bürgerliche Gesinnung. Die Geschichte 
hat es zur Genüge bewiesen; es brauchen nur Städtenamen wie Venedig, 
Antwerpen, Amsterdam, Nürnberg, Köln, Paris usw. genannt zu werden. 
Wo der Bürger die Weltanschauung bestimmt, da herrscht ein gewisser 
Naturalismus, weil der Bürger weniger in Symbolen als in Wirklichkeiten 
lebt. Wo die Einbildungskraft aber naturalistisch gefärbt ist, da kann keine 
Baukunst großer Art sein, weil alle Baukunst mittelbar und im Formalen 
abstrakt schafft. Als Dürer geboren wurde, war die Baugesinnung der Gotik 
schon Vergangenheit. Was an Mannigfaltigkeit des Kunstinteresses ge- 
wonnen wurde, ging nun an Einheitlichkeit verloren. 
Der Vorgang war ein Spiegelbild des Zeitschicksals. Im ı5.Jahrhundert 
sind überall im Staats- und im Gemeinschaftsleben Teile aus Einheiten 
entstanden ; wie nach einem Plan, weil in der Folge von diesen Teilen neue 
Kräfteströme ausgehen sollten. Es mutet an wie eine Fortpflanzung durch 
Spaltung. Die Kirche büßte vieles von ihrer Herrschaft ein, und die höchste 
weltliche Gewalt konnte nicht, je länger desto weniger, einer einzigen 
führenden Idee Gehorsam erzwingen. Alle Teile erstrebten Autonomie, 
Religion, Wissenschaft und Kunst, bisher einheitlich von der Kirche, vom 
Kloster aus gedacht, trennten sich voneinander, entwickelten für sich je- 
weils wieder ein Ganzes und gingen nur noch Bündnisse ein. Auch das 
Individuum wollte sich selbst Gesetze geben. Damit begann die moderne 
Spezialisierung. In dem Maße, wie das Kollektivgefühl schwächer wurde, 
regte sich die persönliche Geisteskraft; sie aber richtete ihre Absichten auf 
das, was in der Folge mit dem Wort »Fortschritt« bezeichnet worden ist, 
sie war sanguinisch auf allen Gebieten des Wissens. Es begann eine allge- 
meine Dezentralisation. 
Doch wurde nicht gleich revolutionär die äußere Einheit aufgeopfert. 
Viele: Klöster wurden aufgehoben, doch war damit ihr Geist nicht ganz 
vernichtet; er erhielt sich in den Universitäten. Das Papsttum war ge- 
schwächt, doch war es noch vorhanden; das Kaisertum war ebenfalls ge- 
schwächt, es war zeitweise nur noch nominell da, doch nahm es seinen 
Platz ein. Die religiös-menschliche Einheit war überlebt; doch trat an ihre 
Stelle eine intellektuell betonte ideelle Einheit. Sie war forciert, wie alles 
Ideelle es ist, doch war sie immerhin ein brauchbarer Ersatz. Dieses Kind 
nn
	        
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