Full text: Deutsche Baumeister als Beauftragte ihrer Zeit

Wien. Der Bauherr, der an ihn glaubte, war der Abt Berthold Dietmayr. 
Prandtauers Talent war dem Fischer von Erlachs entgegengesetzt; er war 
ein ungelehrter Baumeister von urwüchsiger Kraft und Fülle, eben darum 
aber nicht so sehr ein Meister der Einzelheit als vielmehr ein Künstler des 
ersten Wurfs und ein Beherrscher der Massen: Er hatte stets ein Ganzes 
vor Augen, nichts entstand stückweis, alles war wie inspiriert, ja wie im- 
provisiert. Von Hildebrandt anderseits unterschied ihn.ein volkhafter Zug 
von breiter Sinnlichkeit; er war nicht prinzlich, was der Wiener mit allen 
seinen Instinkten war. Das Hauptwerk Prandtauers ist das Kloster Melk*®, 
das aus einem Donaufelsen so wirkungsvoll emporsteigt, daß der Betrachter 
an den Limburger Dom erinnert wird. Der Bauplatz unterstützte auch in 
diesem Fall die Wirkung. Gerundet schieben sich zwei Klosterflügel vor, 
vorn durch einen halbrunden Terrassenbau verbunden, den ein großer 
Torbogen in der Mitte weit öffnet. Dahinter erhebt sich als Mittelbau die 
bewegt modellierte Kirchenfront mit zwei kühn geschweiften Fassadentür- 
men — wie ein Stein gewordenes Glockenspiel - und einer in sich mehrfach 
gebrochenen Mittelkuppel. Nichts kann österreichischer sein als diese An- 
lage, weil alles in ihr musikalisch klingt. Im Innern ist die Kuppel der 
Mittelpunkt. Die Dekoration schwelgt in Einfällen und Formen. Auch hier 
fühlt sich der Betrachter an den heiteren Überfluß Pöppelmanns erinnert. 
In dieser Kirche wird immer noch Hof gehalten, doch sind es die Heiligen, 
die es tun. Der Farbenklang von Rot, Gelb, Grau und Gold steigert die 
Wirkung. Was Prandtauer sonst gebaut hat, ist nicht sicher festgestellt. Er 
scheint teilgehabt zu haben an dem Stift Sankt Florian. Dort wird ihm die 
merkwürdige, halb offene, halb geschlossene Treppenanlage zugeschrieben. 
Sicher ist, daß er eine Anzahl von Landkirchen und einige bürgerliche 
Profanbauten geschaffen hat; erwiesen ist auch, daß eine Reihe tüchtiger 
Baumeister unter seiner Leitung gearbeitet hat, daß die Tätigkeit des 1727 
Gestorbenen nach vielen Richtungen einflußreich gewesen ist. ; 
Ein Baumeister, auf den er nachhaltig gewirkt haben muß, warsein 
Vetter, Schüler und Bauführer Joser MÜNZGENAST aus Tirol (} 1741). 
Auch dieser hat Stifte und. Wallfahrtskirchen im Donaugebiet gebaut, zum 
Beispiel in Zwettl und Sankt Pölten. Sein Hauptwerk ist die Kirche und 
Bibliothek des Stiftes Altenburg. Auch die Kirche des Klosters Dürnstein 
wird ihm und MATTHIAS STEINDL zugesprochen. Nichts kann liebenswür- 
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