zopfiger gegeben als sonstwo. Damals erhielt die Hauptstadt Preußens ihr
Gesicht* durch jene bescheidenen Adelspaläste, deren Bau und Bauart in
den meisten Fällen vom König einfach befohlen wurden. In der Wilhelm-
straße ist das für den Grafen Schwerin erbaute Stadtpalais erhalten —
ein Mittelbau mit einem Festsaal und rechts und links straßenwärts vor-
springende Seitenflügel, die einen Ehrenhof bilden. Ebenso angelegt ist das
ehemalige Palais des Grafen von Schulenburg. Bauwerke dieser Art haben,
bei vielen auf der Hand liegenden Unzulänglichkeiten, eine natürliche
Würde. Weiter oben in der Wilhelmstraße liegt das Palais des franzö-
sischen Barons Vernezobre du Laurieux, das später von Schinkel klassi-
zistisch umgebaut worden ist, wobei der Ehrenhof gegen die Straße durch
eine Säulenreihe abgeschlossen wurde (Palais Prinz Albrecht). Als ein
typisches Beispiel bescheidener angelegter Stadtpaläste — eine Rampe führt
unmittelbar von der Straße zum Hauptportal hinauf — kann das von
Gerlach in der Lindenstraße erbaute Kammergericht gelten. Etwas
Schmuck wurde eigentlich nur den Kirchtürmen gegönnt. Auf dem Ge-
biete des Kirchenbaues begegnet man oft dem Namen des ausgezeichneten
PHILIPP GERLACH (1679-1748), der noch unter Eosander am Charlotten-
burger Schloß mitgearbeitet hatte, Hofbaumeister Friedrich Wilhelms des
Ersten war und der in einer der Persönlichkeit nicht günstigen Umwelt
persönlicher hervortritt. Ihm verdankt Berlin den holländisch originellen
Turm der Parochialkirche und die 1908 abgebrannte Garnisonkirche;
Potsdam verdankt ihm vor allem die niederländisch männlich empfundene
Garnisonkirche””.
Ein anregender Bauherr war Friedrich der Große. Oft sogar ein zu
anregender, ein seine Baumeister aufregender. Er wollte schnell zu zwei
Residenzen kommen, in Berlin und in Potsdam, und beschränkte sich
dabei nicht selten auf reine Fassadenwirkung. Auch bei ihm ging alles,
wie beim Vater, auf Biegen oder Brechen; doch war das Interesse jetzt
ästhetisch geworden. Alles wollte er selbst angeben, sprach den Fachleuten
in ihre Arbeit und wäre am liebsten sein eigener Hofbaumeister gewesen.
Er wurde einer der geistvollsten Baudilettanten seiner Zeit, doch auch einer
der eicenwilliesten. Von deutscher Baukunst hielt er nicht viel, er bevor-
* Dieses Gesicht hat seine historische Prägung durch den Krieg eingebüßt. Die
aufgezählten Bauten sind mit zerstört.
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