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Einleitung.
Quellen aerodynamischer Erkenntnis.
1. Probleme.
Kaum mehr als fünfzehn Jahre sind vergangen, seit zum erstenmal Menschen
mit Motorkraft sich in die Luft zu heben und darin fortzubewegen vermochten ; kürzer
ist die Zeitspanne, in welcher das Flugzeug systematisch ausgebildet und vervoll-
kommnet wurde. Die Not des Weltkriegs hat die Kräfte aller Kulturvölker gerade
auf flugtechnischem Gebiet derart hochgepeitscht, daß die Leistungen in kurzer
Zeit auf das höchste gestiegen sind und heute kaum mehr eine Aufgabe, welche der
Flugtechnik gestellt werden könnte, unerreichbar scheint. Dadurch ist das Flug-
zeug verhältnismäßig rasch aus der Kindheitsepoche jedes großen technischen
Fortschritts, in welcher der kühne Griff des genialen Erfinders den Ausschlag für
das Gelingen gibt, herausgewachsen; die wissenschaftliche Durchdringung der flug-
technischen Probleme ist zum notwendigen Erfordernis geworden.
Auch die Flugwissenschaft hat sich in derselben Zeit, wenn auch nicht ganz im
selben Tempo wie die Technik, entwickelt; auch sie hat ihre Kindheit, in welcher
sie der Praxis noch wenig nützen konnte, einigermaßen hinter sich. Gerade die
einsamen Pfadfinder der Flugtechnik haben schon die Wichtigkeit wissenschaftlicher
Erfassung erkannt; so rühren von Penaud die ersten Rechnungen über das Kräfte-
spiel am Flugzeug samt den einfachsten Stabilitätsbetrachtungen her; so hat
Lilienthal die ersten Modellversuche angestellt.
Als die Entwicklung des leichten Motors das Fliegen mit Motorkraft ermöglichte,
war die Hauptschwierigkeit, welche den Menschen von der Eroberung der Luft
zurückhielt, beseitigt. Man war wohl allgemein der Ansicht, welche Siemens ein-
mal aussprach, daß mit dem leichten Motor jeder geschickte Mechaniker ein Flug-
zeug herstellen könne, und man hatte damit ja auch bis zu einem gewissen Grade
recht. Diese Auffassung hatte aber andererseits die Folge, daß damals die experi-
mentellen und theoretischen Kenntnisse über die Luftkräfte, über die Bewegungen
und über die Stabilitätsverhältnisse des Flugzeugs sehr gering waren. Der Anreiz
für den Experimentalphysiker zur großzügigen Untersuchung fehlte, trotzdem man
in vielen praktischen Fragen die gründliche Kenntnis der Luftkräfte schwer ver-
mißte; auch die theoretische Physik versprach sich von weitergehenden Unter-
suchungen keine Vertiefung ihrer Anschauungen.
So fand sich die Wissenschaft vor etwa fünfzehn Jahren vor dringlichen Proble-
men, welche noch nicht in Angriff genommen waren. Zunächst wußte man noch
fast nichts von den Luftkräften; selbst den Widerstand einfach gestalteter
Körper, wie Platten, Kugeln, Zylinder, galt es zu ermitteln. Dann waren die Auf-
Handb. d. Fluzzeugkunde. Bd. IT.