Zweiter Teil.
Die Bewegung des Flugzeugs.
I. Kapitel.
Kräftegleichgewicht im geraden Flug.
8& 1. Aufstellung der Kraftgleichungen.
Wir betrachten ein Flugzeug in ungestörtem, gleichmäßigem, geradeaus gerichtetem
Flug; wir haben also keine Beschleunigungen und Massenkräfte zu berücksichtigen.
Auf das Flugzeug wirken die Luftkräfte an Flügeln, Leitwerk und sonstigen Teilen,
ferner der Schraubenzug und die Schwerkraft. Die Bewegung des Flugzeugschwer-
punkts verläuft in der Symmetrieebene des Flugzeugs. Das Gleichgewicht der
Kräfte erfordert die Erfüllung dreier Beziehungen: Die Kräfte in zwei zueinander
senkrechten Richtungen und die Drehmomente in der Bewegungsebene müssen
ausgeglichen sein. Dann wird das Flugzeug nach keiner Richtung beschleunigt,
insbesondere bleiben seine Bahngeschwindigkeit und seine Steiggeschwindig-
keit unverändert; auch behält es seine Lage im Raum, mithin auch seine Orien-
tierung gegen die Bewegungsrichtung unverändert bei. Diese drei Größen
bestimmen aber die ganze Bewegung des Flugzeugs; sie sind die Unbekannten
unseres Gleichungssystems. Das Problem erhält seinen bestimmten Charakter
durch die Abhängigkeit der Kräfte von den Unbekannten, die im allgemeinen nicht
analytisch, sondern rein empirisch gegeben ist. Die Luftkräfte sind dem Quadrat
der Geschwindigkeit proportional, hängen aber vom Anstellwinkel in kompli-
zierter Weise ab; der Schraubenzug hängt von der Drehzahl und von der Ge-
schwindigkeit des Flugzeugs in einer rein empirisch gegebenen Weise ab; die Dreh-
zahl wiederum ist nicht unmittelbar gegeben, sondern wird durch die zur Ver-
fügung stehende Motorkraft bestimmt. Außerdem stehen die Luftkräfte und der
Schraubenzug ceteris paribus in linearer Abhängigkeit von der Luftdichte, welche
bei gegebener Druck- und Temperaturverteilung in der Atmosphäre mit der
Höhe und somit auch mit der Steiggeschwindigkeit in Beziehung steht.
Wir wollen das Gesagte mathematisch formulieren: Das Flugzeug bewege sich
mit der Geschwindigkeit v unter einem Winkel eo gegen die Erdoberfläche (Abb. 193).
Ist © positiv, so steigt es, ist o negativ, so fällt es. Dabei sei die Schraubenachse
um den Winkel ß gegen die Bahnrichtung geneigt, die Sehne des Flügels (bei
mehreren Flügeln die Sehne des Oberflügels) um den Winkel x, so daß der festge-
gebene „Einstellwinkel‘“ der Flügel gegen die Schraubenachse x = « —ß. Wir
wälılen nun ein Koordinatensystem so, daß die x-Achse in die Bewegungsrichtung
des Flugzeugs fällt; dann wirkt der aerodynamische Widerstand W in Richtung
der negativen z-Achse. der Auftrieb 4 in Richtung der positiven v-Achse. Die