Full text: Aerodynamik (Band 2)

344 Zweiter Teil. Die Bewegung des Flugzeugs 
qualitativen Wirkung der einzelnen Größen wird zur Hauptsache; die feine nume- 
rische Durcharbeitung kann heute noch nicht gegeben werden, und es ist auch 
gar nicht vorherzusagen, ob diese je zu derselben Bedeutung gelangen kann wie bei 
Behandlung der stationären Bewegung. Die quantitative Durchrechnung und 
Bemessung von Flugzeugen vollzieht sich heute lediglich nach den. Darlegungen 
der vorigen Kapitel, und in dieser Hinsicht wird auch wohl die nächste Zukunft 
keine Änderung bringen. Die praktische Aufgabe der tiefergehenden Unter- 
suchungen, in die wir jetzt eintreten, liegt vielmehr darin, für den Entwurf qualitativ 
festzulegen, welche Grundsätze von verschiedenen Zwecken gefordert werden, 
welche Folgen einzelne Veränderungen für das Verhalten des Flugzeugs in normalen 
und abnormen Fällen mit sich bringen, welches Verhalten in den verschiedenen 
Fällen erstrebenswert ist, wie in gewissen Fällen qualitative Verbesserung zu er- 
reichen ist. Die folgenden Untersuchungen sind daher nicht so beschaffen, daß sie 
bei der Berechnung jedes einzelnen Flugzeugs herangezogen werden und daher 
jedem Flugzeugbauer geläufig werden müssen, wohl aber werden sie maßgebend 
für die allgemeinen Richtlinien des Flugzeugbaues sein. Die Flugwissenschaft 
steckt in den Anfängen; so wenig heute wirklich eine systematische numerische 
Durchrechnung des einzelnen Flugzeugs allgemein eingeführt ist, so wenig sind auch 
die theoretischen Untersuchungen an die Stelle recht unsicherer Erfahrungen ge- 
treten. Die Vertiefung und Erweiterung der theoretischen Einsichten in die 
Bewegung des Flugzeugs ist daher für die nächste Zukunft der Flugtechnik von 
größter Wichtigkeit. 
Viele fundamentale Fragen können durch Berechnungen des stationären Flugs 
nie geklärt werden; dazu gehören in erster Linie alle Fragen der Stabilität und 
der Steuerung, der Sicherheit, Geschmeidigkeit, Wendigkeit des Flug- 
zeugs in all seinen Bewegungen; ferner die für jede statische Berechnung wichtige 
Frage nach der Beanspruchung des Flugzeugs in verschiedenen Zuständen. 
Die Beanspruchung ist ja im stationären Fall klein; im wesentlichen hat dabei 
das Flugzeug gerade sein Gewicht zu tragen; aber bei beschleunigter Bewegung 
treten. Trägheitskräfte, insonderheit Fliehkräfte auf, deren Größe das Flugzeug- 
gewicht weit überwiegen kann und deren Kenntnis für die Festigkeitsanforderungen 
maßgebend sein muß. Man hat alle diese Fragen bisher gelöst, indem man gesicherte 
wissenschaftliche Ergebnisse, die sich auf den stationären Flug beziehen, an der 
Hand der Erfahrung und unter Einführung von Koeffizienten möglichst sachgemäß 
übertragen oder sich im Einzelfall auf das Urteil des Flugzeugführers verlassen hat. 
Zum wissenschaftlichen Kulturgebiet kann dieser ganze Komplex von Problemen 
nur werden, wenn die gestörte und beschleunigte Bewegung eingehend theoretisch 
studiert wird. Im allgemeinen dürften die heute bekannten Erfahrungswerte über 
die Luftkräfte ausreichen, um bis zur theoretischen Klärung der Begriffe durch- 
dringen zu können. Diese wird ihrerseits den Weg für die weitere experimentelle 
Erforschung weisen; nur die Entwicklung der Technik kann festsetzen, welche 
Genauigkeit der Messungen nötig ist. . 
Unsere bisherigen Betrachtungen haben schon einmal über den Rahmen der 
stationären Bewegung. im eigentlichen Sinne hinausgewiesen, nämlich bei An- 
schneidung dcr Stabilitätsfrage: wir gelangten zu einem Begriff der „statischen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.