Der Katalysebegriff nach Form und Inhalt.
Selbst Bewegungsvorgänge — abgesehen von unmittelbar zu-
gehörigen Diffusionsvorgängen — kann eine Katalyse im Gefolge
haben, z. B. solche kontraktiver Art bei der katalytischen Ver-
bindung von Gasen zu viel weniger Raum einnehmenden Flüssig-
keiten. Vor allem sei an BREDIGs periodisch „pulsierende“ kata-
lytische Zersetzung von Wasserstoffsuperoxyd an Quecksilber-
oberflächen erinnert, deren rhythmische Zuckungen — auch einer
Reizung und Lähmung durch elektrische Ströme zugänglich —
modellhaft mit Erscheinungen der Nervenreizung in Beziehung
gebracht wurden; s. Biochem. Z. 6, 326 (1904) — Z. physik. Chem.
B 2, 282 (1929). Wesentlich ist, daß der beobachtete Chemismus
„von katalytischen Einflüssen gesteuert wird, welche ihrerseits
wieder einen periodischen Verlauf besitzen und durch chemische
Zusätze oder elektrische oder mechanische Einflüsse stark ver-
änderlich sind“ („Elektrochemie und ihre Beziehungen zur Medi-
zin‘, aus Z. ärztl. Fortbildg 1907, 82).
Allgemein tut man gut, sich von vornherein vor Augen zu
halten, daß ein Katalysator als Teilnehmer an einer bestimmten
Partialreaktion (Elementarakt oder „Urreaktion‘“ nach SKRABAL)
sich in ein chemisches Geschehen einschaltet, das noch sonstige
Teilprozesse als dem katalytischen Akt vorausgehend oder ihm
sich anschließend („Folgereaktionen“‘) enthält*. Für das Gesamt-
tempo des Umsatzes ist jeweils der langsamste dieser Teilakte be-
stimmend, wobei zu berücksichtigen ist, daß vielfach auch physi-
kalische „Transportvorgänge‘ wie Diffusion, Adsorption und
Desorption der Reaktionsteilnehmer und Reaktionsprodukte als
zeiterfordernde Einzelschritte im katalytischen Gesamtvorgang mit
enthalten sind.
Hat man sich so einerseits von der Vorstellung befreit, daß
eine sichtliche Beschleunigung das wesentliche oder erschöpfende
Merkmal stofflicher Katalyse sei, und ist man sich andererseits
bewußt, daß auch verwickelte Reaktionsfolgen katalytisch er-
regt werden können, so stellt sich als erstes sichtbares Merkmal
der Katalyse ein scheinbares quantitatives M ißverhältnis von Ur-
sache und Wirkung dar, indem die Menge der hervorgerufenen
Reaktionsprodukte in keinem bestimmten stöchiometrischen Ver-
hältnis zu der Katalysatormenge steht, sondern diese gewichts-
mäßig um das Vieltausendfache übertreffen kann (Spurenkatalyse,
analytisch viel angewandt, und Dauerkatalyse!®).